Männer weinen nicht – die Kurzdokumentation „Men don’t cry“ von der britischen Filmemacherin Mollie Mills

John Wayne weint

„I feel like in society men are socialized not to speak. It is very acceptable to show anger but we are not socialized to show vulnerability or hurt or upset or show depression. You get happy, angry, strong, you don’t get anything else in between.“ Männer dürfen nur zeigen, dass sie glücklich, wütend und stark sind, alles andere ist gesellschaftlich nicht erlaubt, sagt ein namenloser Mann in dem Film von Mills. Genau diese Erfahrung mache ich gerade im Familiengericht. Gefühle sind bei Gericht eh nicht vorgesehen, damit kommen Juristen überhaupt nicht klar. Aber dass Männer offen ihre Verwundbarkeit zeigen, aber auch ihrer Empörung über Entwertung, Demütigung und Entrechtung lautstark Ausdruck verleihen, wird nicht akzeptiert. Nicht mal von Psychologen. Die Desintegration menschlicher, vielfältiger, reichhaltiger Gefühlsregungen … im Mann ist in unser ach so fortschrittlichen Gesellschaft nachhaltig tabuisiert. Aus meiner Sicht die Spitze des Eisbergs: Testosteron und Adrenalin werden immer noch als konkrete Bedrohung für Kinder, Frauen und die gesellschaftliche Integrität wahrgenommen. Um so wichtiger sind Künstler und Kreative, die sich, wie die britische Filmemacherin Mollie Mills, mit diesem Thema beschäftigen – auch wenn Mills eine junge, attraktive Frau ist. Hier der Film:

Doc X: „Men Don’t Cry“ – A film by Mollie Mills

Übrigens: In Großbritannien ist bei Männern unter 45 Jahren die Haupttodesursache offenbar Selbstmord. „Junge Männer reden über alles: Sex, Drogen, Partys und Politik, also warum gibt es dieses Schweigen, wenn es um die psychische Gesundheit von Männern geht“, fragt Filmemacherin Mollie Mills, die ihren letzten Film „Men don’t cry“, der Schwierigste, den sie jemals gedreht hat.

Ich kenne sehr viele Männer, die mit ihren Gefühlen nicht klarkommen, die innerlich verkrüppelt sind, Angst haben, von Männern in den Arm genommen zu werden, zu weinen, wenn sie traurig sind, Angst, ihre Wut herauszuschreien, wenn sie gedemütigt und gekränkt werden. Angst, Unsicherheit, Unfähigkeit, Ignoranz, Verdrängung, Taubheit. Wir sehen das auch sehr deutlich an unsere Vätergeneration, wenn ich etwa an den Großvater meiner Tochter denke, der über keinerlei Gefühle außer einen traurig rudimentären Halbrest an allgemein anerkannten oberflächlichen Gefühlsimitaten verfügt (Stolz, Ärger, Empörung, Zufriedenheit, Grobschlächtigkeit). Aus meiner Sicht kann man etablierte Männer in den Fokus nehmen – Führungskräfte, Juristen, Politiker, Ärzte, Pädagogen – weil hier die Zerstörungskraft der gesellschaftlich verordneten Gefühlslegasthenie besonders deutlich wird.

Aber es geht um die jungen Leute, die jungen Männer, um die müssen wir uns kümmern. Und der einzige Weg dahin ist wie immer: Selbsterkenntnis. Der Film „Men don’t cry“ von Mollie Mills hilft dabei.

Foto: Bestimmte Rechte vorbehalten von Matthias Kastner

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