Mutter singt, Baby weint. Mama irrt!

Süßes Baby weint

So ein süßes Baby. Rührend. Und so ne doofe Mutter. Menno. Aber langsam. Werden wir uns zunächst darüber einig, dass nicht jede Frau automatisch intuitiv oder von Natur aus mit Einfühlungsvermögen – Neudeutsch: Empathie – gesegnet ist. Warum sollte sie auch? Ist ja auch nur ein Mensch. Es gibt hochsensible Männer und taube Frauen. Hier tritt keine Automatik in Kraft und das beweist dieses erstaunliche, ebenso entzückende wie verwirrende Video. Frauen können auch unsensibel. Und wie!

Mama sing eine traurige Weise und lässt den Camcorder laufen, um das dann bei Youtube hochzuladen. Da Mama mindestens halb ausgebildete Sängerin ist, geht das nicht ohne eine gewisse Lautstärke. Sie singt die melancholischen Strophen aus voller Brust, könnte man sagen. Dem Kindchen aber im Körbchen schießen die Tränchen in die Äugchen. Offenbar, weil mit Babylein auch ganz traurig und melancholisch zumute wird. Oder? Text und Intonation berühren, ergreifen, bewegen.

So interpretiert es jedenfalls die Frau Mama und alle Youtube-User, wie man den Kommentaren entnehmen kann. „Emotional baby! Too cute!“ Es ist aber aus meiner Sicht offensichtlich, dass das Baby wegen der Lautstärke zu weinen beginnt. Denn in den Liedpausen hört es sofort auf und signalisiert mit seinem süßen Lächel-Gesicht, dass es das mag, dass es das mag, wenn die Mama aufhört zu singen, in dieser Lautstärke zu singen. Die Mutter und all die anderen kommen nicht auf die Idee, dass es die Lautstärke ist, auf die kleine Kinder naturgemäß sensibler reagieren und nicht der Inhalt des Liedes.

Das ist dermaßen unsensibel, dass ich es kaum glauben kann. Ich meine, mir fällt es leicht, das einzusehen. Ich bin selber Musiker, bin zu dem sehr lärm- und geräuschempfindlich – um nicht sensibel zu sagen – und kenne Sängerinnen. Die ist sehr oft sehr von sich eingenommen. Ganz genau so, wie in diesem kleinen Video ersichtlich. Ich hoffe aber auf die Großmutter oder sogar dem Papa, die der Frau Mama nahe gebracht haben mögen, dass es sich hier um einen Irrtum handelt. Das Kind weint eindeutig wegen der Lautstärke und ist nicht gerührt durch den emotionalen Gehalt des Singsangs. So was, aber auch.

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7 Kommentare

  1. Es könnte auch sein, dass das Baby die Emotionen im Gesicht der Mutter spiegelt. Mit meinem Baby geht das auch bei einem bestimmten traurigen Lied und ich bin wahrlich keine gute Sängerin. So oder so stimme ich zu, dass das dem Baby gegenüber unfair ist. Selbst wenn es Rührung wäre, stellt das eine unnötige emotionale Belastung dar.

  2. Spieö deinem Kind mal leise Adele (Someone like you) vor und beaobachte es weinen. Ich kann nicht sagen was es bei diesem Video ist, aber mein Baby weint wenn es Adeles traurige Mieder hört und hört auf wenn man die Musik ausmacht, auch wenn die Musil ganz leise ist.

  3. Mein Sohn weint auch jedesmal bei melancholischen liedern, egal ob ich die singe oder ob diese abgespielt werden. Ich denke, dass Babys tatsächlich diese Traurigkeit fühlen und deswegen anfangen zu weinen. Geht mir übrigens genauso, wenn ich ein schönes Lied höre, weine ich oft.

  4. Mir ist sonnenklar, dass Babys noch ganz offene Sinne, vorallem auch auf emotionaler Ebene haben (Was wir Erwachsene übrigens ebenso machen, aber nicht mehr bewusst, da leider abtrainiert). Sie ressonieren sehr stark mit der Emotionen in der Stimme ihrer Bezugspersonen. Wenn eine geübte Sängerin, die ihre Emotionen auch bewusst mitschwingen lässt, also singt, verwundert mich das nicht, dass das Baby so stark mitschwingt, dass die Tränen sofort fliessen. So eine schöne Gabe, von der wir alle so viel lernen können!

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