Wie das Leben nach dem Abi wirklich aussieht – Jetzt chill ich erst mal und dann mach ich nichts

Buchcover: Jetzt chill ich erst mal und dann mach ich nichts

Ich finde es eine gute Idee, ein Buch herauszubringen, in der eine junge Frau schreibt, wie es ihr so geht nach dem Abitur. „Jetzt chill ich erst mal …“! Was wissen wir denn davon? Vielleicht einige wenige Eltern mit entsprechenden Kindern haben eine Ahnung, was zwischen Abi und Studium so abgeht. Wie anderen wissen nichts, vermuten vieles. Daher ist ein solches Buch ein echtes Zeitdokument, das später einmal Soziologen interessieren könnte. „Auf ins echte Leben!“

Olga Rogler traut sich mit 17 ein Buch über ihre Erfahrungen als Schülerin und Abiturientin zu schreiben. Das ist schon mal bewunderswert. Und so ist es auch verzeihlich, dass der Schreibstil dem entspricht. Da es eben primär um die Inhalte geht, sehen wir großzügig darüber hinweg und für eine junge Frau nach der Schule ist das Buch tatsächlich richtig gut geschrieben. Mag natürlich auch am Lektorat und der Unterstützung liegen, die die Autorin bekam, wofür sie sich brav am Ende des Buches bedankt.

Um was geht es in dem Buch? Der Titel sagt eigentlich schon alles: „Wie das Leben nach dem Abi wirklich aussieht.“ Den reißerischen Teil der Titels – „Jetzt chill ich erst mal und dann mach ich nichts“ – mag sich der Verlag ausgedacht haben. Obwohl der Text fluffig und leicht, einer 17-Jährigen angemessen geschrieben ist, geht es auch ans Eingemachte. Das Buch ist auch eine Abrechnung mit „Schule“. Und zwar eine ziemlich kluge. Selbst ich als Vater einer Grundschülerin kann nachvollziehen, was hier gemeint ist.

„Alle lieben Schulsport“ heißt ein Kapitel. Wir können uns denken, was gemeint ist. Schulsport ist teilweise eine Frechheit, teils absurd und erreicht nicht selten, dass die jungen Leute keinen Bock mehr auf Sport haben. Ein anderes Kapitel heißt „Besoffen Abi schreiben“. Aber es gibt auch ganz normale Kapitel, die zwar manchmal auch irgendein Klischee berühren, aber nicht so laut sind. „Wie Eltern mit Planlosigkeit umgehen können“, „Beziehungschaos“, „Vorfreudepanik“, „Empty-Nest-Syndrom“, „Es wird ernst: WG-Casting“ …

Wir sehen, die Themen sind vielfältig, wild und bunt. Es entspricht der abklingenden Pubertät und der heraufdämmernden Adoleszenz. Obwohl ich gerade diese Einteilungen des menschlichen Lebens nicht sehr mag. Sie helfen aber, die Sache einzuordnen. So wild wird das die nächsten Jahre für viele junge Menschen weitergehen. Zwischen Abitur und Ende des Studiums ist es eine sehr chaotische, spannende und ereignisreiche Zeit. Es wird irgendwann nachlassen. Aber für uns ältere ist es vielleicht mal ganz gut zurückzuschauen und sich klar zu machen, wie anstrengend es ist hinaus ins echte Leben zu gehen. Und so mehr Verständnis für unseren Nachwuchs zu entwickeln. Diese Buch könnte dabei helfen.

Ich bin noch über ein besonderes Kapitel gestolpert, da dies für mich näher dran ist. Immerhin bin ich Elternrat und setze mich mit Schule und unserem Bildungssystem auseinander. Auf Seite 176 schreibt Olga Rogler über „Gute Lehrer, schlechte Lehrer“. Und aus meiner Sicht gilt das, was wir dort lesen, nicht nur für Gymnasiallehrer, sondern auch schon für Grundschullehrerinnen. Es geht hier um eine Listen von „Dingen, die die meisten Lehrer“ nach Olgas Meinung „nicht lernen“: „Zu viele Hausaufgaben verringen die Leistung, anstatt sie zu erhöhen“. Und „Nicht nur die besten in der Klasse sollen gefördert werden, sondern alle Schüler“.

Da viele Eltern so tun, als hinge das Lebensglück, ja, das Überleben an einem Abitur, wird sich in der Schule grundsätzlich so schnell nichts ändern. So lange nach dem Gymnasium all die in diesem Buch beschriebenen Dinge einen solchen Raum einnehmen, die latente Krise der jungen Menschen, ihren Weg zu finden ausschließlich über eine krasse Anpassung an ein anspruchsvolles – und vielleicht auch sinnentleertes – Berufsleben läuft, so lange dürfen wir uns Sorgen machen über Schule, Schulpflicht und die Schüler, die hinten dabei rauskommen. Über Olga Rogler brauchen wir uns ganz sicher keine Sorgen machen. Das liegt auch an „10 selbst erprobte Tipps für angehende Abiturienten“ und den „10 Tipps, die ein Abiturient nicht gebrauchen kann“. Ich schäzte, Olga wird ihren Weg gehen und ein ruhiges, unspektakuläres, durchschnittliches Leben führen. Ganz vielleicht wird sie später dafür arbeiten, dass das bestehende Schulsystem eine neue, ganz andere Entwicklung nimmt.

Bis dahin gilt:

Endlich verstehen, was Abiturienten denken

In der 12. Klasse hat man noch Träume. Vom Ende der öden Schulzeit, vom Auszug bei den Eltern, vom wilden Leben in WGs und Reisen. Dann steht man plötzlich da, mit dem Abi in der Hand. Spätestens jetzt werden die Fragen wohlmeinender Erwachsener unerträglich. Manche Eltern hingegen stöhnen beim gesteigerten Chillbedarf und dem gesunkenen Bewegungsradius ihrer Sprösslinge.
Wie geht es weiter, was erwartet einen im ersten Jahr nach dem Abi? Das hat Olga aufgeschrieben und erzählt, wie sie und ihre Freunde im wahren Leben zurechtkommen. Ehrlich, unterhaltsam, vor allem aufschlussreich.

Die Autorin: Olga Rogler, Jahrgang 2000, hat nach der Schule erst mal gemacht, was viele so machen: Sie ist nach Berlin gezogen, hat dort gejobbt, ist dann auf Reisen gegangen. Mittlerweile weiß Olga aber, was sie will: Sie hat inzwischen ihr Studium begonnen.

Leseprobe „Jetzt chill ich erst mal …“

 
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Jetzt chill ich erst mal und dann mach ich nichts – Wie das Leben nach dem Abi wirklich aussieht

Buch hier kaufen
von Olga Rogler
192 Seiten, Kösel-Verlag (1. April 2019)
ISBN 3466372313
Gebundenes Buch 16,00 Euro

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