Woher der Hass auf Greta Thunberg in den „Sozialen Medien“?

Greta Thunberg: Rede vor der UNO auf Youtube

Der Hass auf Greta Thunberg hier in Facebook – meist in den Gruppen, irgendwelchen Hamburg-Gruppen und von hässlichen Männern dumm und voller Menschenverachtung vorgetragen – ist unerträglich. Ich würde die Idioten hier gerne öffentlich beim Namen nennen, halte mich aber zurück. Die Dummheit dieser Kerle – und es gibt auch ein paar Frauen, die dem dumpfen Hass auf dieses Mädchen beispringen – die Dummheit dieser Mitbürger ist die eigentliche Ursache für den Schlamassel, aus dem es gerade kaum keinen Ausweg zu geben scheint.

Aber es ist bei diesem Hass auf Greta im Netz nur allzu deutlich zu erkennen, dass die Hater eigentlich ganz andere Probleme haben: Den falschen Partner, schlechten Sex, krasse Kindheit, bescheuerte oder gar keine Arbeit, falsche Ernährung, zu wenig Bewegung, reaktionäres Männerbild, keine Frau, keine Freundin, falsche Freunde, verkorkste Kinder, Suchtproblem, Schulden oder einfach nur ein paar Schrauben locker. Hat aber alles nichts mit Greta Thunberg zu tun.

Greta Thunberg hat das Asperger-Syndrom. Mal googeln. Es hat etwas mit Gefühlen zu tun. Also darf es nicht wundern, wenn das Mädchen seltsam verzerrte Gesichtszüge zeigt, wenn es bewegt ist. Und Greta ist unglaublich mutig. Sie ist eine wichtige Figur beim Kampf gegen die weltweite Klimakatastrophe, eine emotionale Headlinerin, die sehr viel bewegt hat und unsere Kids, die Jugend erreicht, wie niemand zu vor.

Also halten sich die Erwachsenen mal raus und überdenken, welchen Scheiß sie aufgeben können, um ihren Kindern nicht zu viele Probleme zu hinterlassen. Und wenn die Erwachsenen, die Greta hier verunglimpfen, verspotten und erniedrigen, die ihre Menschenverachtung auf Facebook und anderen sozialen Medien verbreitern, keine Kinder haben, sollten sie einfach mal … die Fresse halten!

Greta Thunberg überfordert manche

Also aus meiner Sicht noch einmal: Es gibt kein einziges Problem mit Greta. Punkt. Wir haben ein Problem mit dem Hass und der Menschenverachtung in den sozialen Medien. Das Urteil letzter Woche gegen Künast ist eine Katastrophe. Und jetzt ziehen die Doofmänner und -Frauen über Greta her. Die oder ihre Familie ist nicht das Problem. Sondern unsere Art zu leben. Es geht ums Ganze, nicht ein wenig Einschränkung hier und Vegetarismus dort. Sondern darum, dass wir weit über unsere Verhältnisse leben und anderes unsere Stabilität und Demokratie gefährdet. Daher ist eine Diskussion um Greta ein Stellvertreterkrieg, der eigentlich mehr mit den Betroffenen zu tun hat, als mit dem Mädchen und ihrer Familie.

Der kluge Horx erklärt in diesem Interview das Phänomen mit der unglaublich wichtigen Identifikationsfigur Greta: „Greta Thunberg hat einen Umkippunkt berührt, an dem sich die gesellschaftlichen Ängste auf ein neues Thema gerichtet haben. Vor ihr wurde jahrelang fast nur noch über Ausländerproblematik diskutiert. Inzwischen hat sich die gesellschaftliche Auseinandersetzung auf Ökologie und Klimapolitik verschoben. Es geht darum, mit der richtigen Eigenschaft in der richtigen Zeit zu leben. Eigenschaften wie Hypersensibilität und die Fähigkeit, emotionale Nähe zu einem Thema radikal auszudrücken. Diese Figuren finden sich oft jenseits des normalen psychologischen Spektrums. Sie leiden unter einer Überempfindlichkeit, die sie zu Trägern von Zukunfts-Botschaften macht. Sie überschreiten Grenzen, indem sie der Gesellschaft eine neue Botschaft mitgeben, die in dieser Deutlichkeit und Klarheit noch nicht gehört wurde.“

Die Menschheit hat solche Figuren schon immer gebraucht und das ist gut so. So sind wir, so funktionieren wir. Wir brauchen diese anderen, die aus der Masse herausstechen, die anders sind, Identifikationsfiguren, die wir lieben können, Menschen, die sich für das Ganze opfern. Nicht selten sind es tragische Figuren. Aber hier geht es nicht um Karrieren oder dass diese Figuren den gesellschaftlichen Normen entsprechen – genau das kriegen viele nicht auf die Reihe beim Thema „Greta“ – oder dass die Sache im bekannten Rahmen bleibt. Sondern diese Figuren funktionieren nur außerhalb und sprengen das enge „alte“ Denken. Darum geht.

Ich lasse mich beinahe dazu hinreißen zu glauben, dass Menschen, die keine Kinder in den Schulen haben, Schulen, in denen eine breite Klimadebatte geführt wird, im Unterricht und weiter darüber hinaus, dass diese Bürger nicht verstehen (wollen oder können), was der Kern der Sache ist und das Greta eine sehr wichtige Aufgabe erfüllt.

Wir bauchen Menschen, die anecken

Ich verachte die Verachtung von Greta Thunberg. Ich reagiere mit Wut nennen es Dummheit und Unmenschlichkeit. Aber es ist sicher noch mehr dahinter, das die betreffenden Mitbürger nicht reflektieren können oder wollen.

Ich stelle das ja selber immer wieder fest . von Familiengericht bis Elternkammer, von Swingtanzkurs bis Facebook-Spacken: Leidenschaftliche, emotionale Leute sind den Deutschen suspekt, die lehnen sie ab, daran reiben sie sich, hier eckt man an. Wir brauchen viel mehr Menschen mit eckigem Auftreten, mit unbequemen und eigenen Meinungen, mit Charakter, Herzblut und den Mut nach draußen zu gehen. Aber, ach, wehe es passiert.

Jennifer O’Connell von der Irish Times befindet erschrocken und zurecht, dass einige der gegen Greta Thunberg vorgebrachten Kritikpunkte sehr stark an das bösartigste udn dummdreist Mobbing auf einem Spielplatz erinnern. Also regelrecht kindisch sind. Wenn das alles nur auch zu ertragen wäre. Ist es nicht. Aber die Auseinandersetzung damit ist sehr wichtig.

Nochmal: Ich wende mich entschieden gegen die Verunglimpfung und die Verachtung von Greta Thunberg.
Weshalb ERWACHSENE sich in eine vollkommen unangemessene Ablehnung von Greta reinsteigern, ist mir ein Rätsel. Dennoch sollten wir darüber reden.

Für alle, die mehr zum Thema erfahren wollen, hier ein paar Links und das Video der Rede von Greta Thunberg vor der UNO:

Greta Thunberg im Wortlaut: „Wie könnt Ihr es wagen!“

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