Nachrichten von Männern

Cover: Nachrichten von Männern

Wenn Frauen ein Buch über Männer schreiben, gerade wenn sie die humorvollen Seiten hervorquetschen wollen, ist immer Vorsicht geboten. Allzu plattitüd ist die Zielgruppe der groben Scherze und der Küchenpsychologie entschlüsselt und die Annekdoten sagen mehr über die Erzählerinnen als über die Männer, um die es sich angeblich dreht. Ist das bei Nachrichten von Männern auch so? Vielleicht.

Bei Blick ins Buch stelle ich fest, dass ich einige von den Geschichten in einer etwas abgewandelten Variante schon kenne. Gerade bei der Partnersuche sind Männer scheinbar besonders … hilflos. So der Eindruck zu manchen Dialogen, die auch im Buch abgebildet werden. Meine Erfahrung ist zwar, dass Kommunikation grundsätzlich nicht einfach ist und auch Frauen daran scheitern und ziemlichen Mist schreiben. Aber warum auch nicht? Wir sind alle Menschen.

Obwohl es auf den ersten Blick diesen Eindruck vermittelt, bilden die zitierten Männer-Nachrichten nicht den Chatverlauf beim Online-Flirten ab. Sondern es geht auch um das richtige, analoge Leben. Wobei der Schwerpunkt schon auf Paarfindung liegt. Und unterkuschelte, unterliebte, untervögelte, unbestätigte und am Ende frustrierte Männer sind zwar ernst aber nicht für voll zu nehmen. Obwohl meine These ist, dass sehr viel virtuelle Kommunikation unter Alkohol- und Drogeneinfluss stattfindet. Das würde jedenfalls einiges erklären.

Im Kapitel Der Bencher klären die Autorinnen auf: „Online-Dating ist nichts für schwache Gemüter. Menschen auf der Suche nach einer richtigen Beziehung trifft es dabei am härtesten“ …

Beidseitiger Frust modernen Kommunikation

Die Autorinnen machen den Eindruck, als kennen sie sich mit allen Kommunikationskanälen sehr gut aus. Sie WOLLEN auch diesen Eindruck machen. Ihre Kanäle für Männerkommunikation sind nicht nur Flirtbörsen und Business-E-Mails, auch Instagram, Twitter und Facebook-Kommentare sind die Fundgruben der beiden „Bestsellerautorinnen“.

Nachrichten von Männern sind manchmal unterirdisch, verletzend, narzisstisch, aggressiv und lieblos. Wie gesagt: ich kann das auch von Frauen sagen, nur funktioniert deren herabsetzende Kommunikation anderes, subtiler, härter, vernichtender. Aber das ist ein anderes Thema.

Wenn man den Geschichten in diesem lesenswerten Büchlein folgt, kommen einige Zweifel auf an dem aktuellen Konzept Mann. Männer führen Kriege, Männer sind schon als Baby blau, Männer rauchen Pfeife, Männer sind furchtbar schlau, Männer bauen Raketen, Männer machen alles ganz genau. Beispiele von bestimmten Business-Typen finden sich unter anderem im Kapitel Kleinmachung (bei der Kleinmachung „handelt es sich um Nachrichten, die uns das Gefühl geben, wieder fünfzehn zu sein und zwei Stunden nach einer geschwänzten Klassenarbeit dem Mathelehrer auf der Straße zu begegnen“). Was müssen das für schwache und vielleicht gerade dadurch aggressive Männer sein. Aber die Autorinnen nehmen es mit Humor und beschreiben die Vorgänge sehr anschaulich.

Zwei Bestsellerautorinnen über ein Thema, das jede Frau betrifft

Männer – viele von uns haben sie schon lange nicht mehr live gesehen. Unsere moderne Kommunikation findet heutzutage hauptsächlich schriftlich statt. Wir chatten, e-mailen und texten. Deswegen ist es wichtig für uns, ihre Nachrichten zu verstehen und, fast noch wichtiger, unsere Reaktionen darauf. Katja Berlin und Anika Decker haben Nachrichten von Männern geschrieben, um allen zurecht Verwirrten da draußen zu helfen, den Emojiman, den Ghoster, den Kleinmacher oder den Chatsetter besser einordnen zu können. Falls Sie auf einen der genannten Nachrichtentypen keine Antwort haben oder noch nicht einmal wissen, wer oder was das ist, sollten Sie schleunigst das Buch lesen.

Fazit

Lest. Lest das Buch. Es ist sehr unterhaltsam und es finden sich sicher auch ein paar Erkenntnisse und Erhellungen für DICH darin. Ich kann es ruhig zugeben, aber ich finde beide Autorinnen aus bestimmten Gründen nicht sehr sympathisch, vermutlich, weil sie in und hinter ihren fluffigen, humorvollen und teils auch erkenntnisreichen Texten als berührbare Menschen nicht wirklich sichtbar werden. Aber sie verstehen ihr Handwerk, sind originell und schlagfertig. Das wichtige aber ist aus meiner Sicht, dass Nachrichten von Männern ein Schlaglicht wirft auf das Selbstverständnis vieler Kerle, das eigene Männerbild und vor allem die schrägen Auswüchse offensichtlich beschädigter, verwundeter zu echter, wertschätzender Kommunikation unfähiger Männer. Das ist wichtig. Es gibt noch viel zu tun.

Und auch wenn wir oberflächlich und nach Außen hin alles mitmachen und sogar gendern, ist ein anderer Teil von uns abgekapselt, isoliert und nur durch Rauhheit und Alkohol geschützt. Was wir streckenweise hier lesen, ist der Aufruf zu mehr Männerarbeit. Frauen haben ihre eigene Agenda. Wir Männern müssen endlich zu einem besseren und anderen Verständnis unserer Selbst finden. Und die Frauen sollen, wie hier in diesem Buch, sich gegenseitig Interpretationshilfe und unterhaltsame Eigentherapie betreiben. Das Buch ist für Kerle zur Kenntnis zu nehmen!

Nachrichten von Männern

von Anika Decker und Katja Berlin
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192 Seiten, Ullstein Taschenbuch (31. Mai 2021)
ISBN 3548063780
Gebundenes Buch 15,- Euro

Leseprobe Nachrichten von Männern

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