Buchbesprechung: Früher war alles schlechter von Guido Mingels

Cover rüher war alles schlechter von Guido Mingels

Weltuntergänge hat die Menschheit schon viele erlebt. Klingt komisch – ist aber so. Mein verstorbener Onkel Dieter Zimmerling hatte schon vor über 20 Jahren ein Buch über das Phänomen der Erwartung des Weltuntergangs, die so alt wie die Menschheit zu sein scheint, ein Buch geschrieben: Lauter Weltuntergänge – die Lust an der Endzeitstimmung (1998). Vielleicht habe ich auch deswegen ein grundsätzlich anderes Verhältnis zu den immer wieder neuen Weltuntergangsszenarien und dem Alarmismus von dem nicht wenige Menschen sehr gut leben. Ich habe damals mit meinem Onkel viel über das Thema diskutiert und sehe daher auch die Friday-for-Future-Bewegung mit einem kritischen Auge. Denn trotz drohendem, menschengemachtem Klimawandel geht es den Menschen insgesamt besser als jemals zuvor. Das ist offenbar insbesondere im eher ängstlichen, pessimistischen Deutschland schwer zu verstehen.

Den Anfang einer Gegenbewegung zum Mainstream der Katastrophenerwartung bildete das Buch Gewalt – Eine neue Geschichte der Menschheit von Steven Pinker und Dr. Sebastian Vogel. Erstmals wurde einer breiten Öffentlichkeit mit Zahlen, Daten und Statistiken, mit brillanten Analysen und jederzeit nachvollziehbaren Schlussfolgerungen bekannt, dass es ihr besser geht, als jemals zuvor. „Früher war alles schlechter“ drückte Steven Pinker erstmals mit belastbarem Zahlenmaterial aus. Natürlich sind einige seiner Zahlen und Einordnungen umstritten. Für mich als Laie hängt das vielleicht mit dem Neid andere, vielleicht eher deutscher Sozialforscher zusammen.

Außerdem geht es am Ende um den Fokus: Sehen wir eher die Defizite oder eher das Konstruktive? Nehmen wir das Rauschen des Blätterwalds ernster als unsere konkreten Lebensumstände. Das menschliche Gehirn funktioniert nun einmal so, dass es angebliche Bedrohungslagen mehr Aufmerksamkeit schenkt, als dem Ponyhof am beschaulichen Dorfweiher. Davon leben unsere Medien und das ist das eigentlich Problem, dass es nämlich keinen Platz für die vielen guten Nachrichten mehr gibt.

Seit 2013 hat es einige Veröffentlichung zu diesen Themen gegeben. Den faktischen Rückgang gewalttätiger Konflikt zwischen den Staaten etwa, den Rückgang von Kindersterblichkeit, Armut, Todesstrafe und Hunger, die Zunahme der Lebenserwartung, Schulbildung, der Zufriedenheit der Menschen und demokratischer Strukturen. Immer relativ und niemals beschönigend. Zu tun gibt es selbstverständlich genug, doch der Weg ist gut und es ist schon viel erreicht. Aber vor allem ist es heute besser als früher. Vielleicht haben wir einen Grund uns vor der Zukunft zu fürchten. Aber wie ist diese Angst konkret belegt? Und hatten frühere Generationen nicht viel mehr Grund als wir, sich vor „der Zukunft“ zu fürchten? Klar, werden einige jetzt argumentieren, noch nie stand eine Generation vor einer derartigen Umweltzerstörung, wie wir jetzt, und deshalb sei Zukunftsangst mehr als berechtigt. Was aber sagen diejenigen, die das so sehen, denjenigen, die nichts oder wenig haben, denen es Hauptsächlich ums Überleben geht, um Arbeit, Essen, Sicherheit ihrer Kinder?

In dem Büchlein Früher war alles schlechter belegt SPIEGEL-Redakteur Guido Mingels mit wundervollen und klaren Grafiken jene Statistiken, die ohne einen Zweifel aufzeigen: Warum es uns trotz Kriegen, Krankheiten und Katastrophen immer besser geht.

Das Gute an dem Buch ist, dass es mit nur 128 Seiten auskommt, uns aufzuzeigen, dass wir uns aus Elend und Verzweiflung herausgearbeitet haben. Das gilt natürlich nicht für alle und jede Weltregion. Aber es ist für alle Menschen möglich. Die ehrgeizigen Ziele der UNO, den Hunger zu besiegen, Seuchen auszumerzen, für sauberes Trinkwasser, Schulbildung und Sicherheit zu sorgen, haben Früchte getragen. Viele Menschen arbeiten in jedem Land tagtäglich daran, das Leben der Menschen zu verbessern. Auch natürlich für die Tiere und die Umwelt. Eine Menge ist in Bewegung geraten und das gilt es anzuerkennen und wertzuschätzen. Oder überhaupt erst einmal zur Kenntnis zu nehmen. Dafür ist dieses Buch gemacht worden. Unbedingt lesenswert!

Hand aufs Herz, was würden Sie denken: Sterben heute mehr Menschen bei Flugzeugabstürzen als früher oder weniger? Gibt es heute mehr Kriege und Kriegstote als vor 30 Jahren oder weniger? Arbeiten wir wirklich immer mehr? Müssen heute mehr Kinder unter Kinderarbeit und Gewalt leiden, oder sind es weniger geworden? Steigt die Kriminalität in Deutschland oder sinkt sie? Tagtäglich werden wir mit schlechten Nachrichten konfrontiert – und übersehen dabei, dass sich vieles (und vor allem viel Wichtiges) zum Besseren verändert. Wir leben heute in einer Welt mit weniger Armut, steigendem Wohlstand und sinkender Sterblichkeit, das belegt SPIEGEL-Redakteur Guido Mingels im vorliegenden Buch beeindruckend. Seine Texte und Grafiken verdeutlichen einen überraschenden Trend zum Besseren. Denn auch wenn die Nachrichten oft anderes vermuten lassen: Vieles in unserer Welt bewegt sich in die richtige Richtung.

Mit seiner beliebten Kolumne „Früher war alles schlechter“ beweist Guido Mingels den SPIEGEL-Lesern jede Woche aufs Neue, dass es der Welt trotz Kriegen, Krankheiten und Katastrophen immer besser geht.

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Früher war alles schlechter – Warum es uns trotz Kriegen, Krankheiten und Katastrophen immer besser geht

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von Guido Mingels
128 Seiten, Deutsche Verlags-Anstalt/SPIEGEL BUCH (3. April 2017)
ISBN 9783421047687
Gebundenes Buch 14,99 Euro

Update: Mittlerweile gibt es ein neues Buch zum Thema, die Erweiterung, den 2. Teil!

Neue Grafiken, neue Themen – die guten Nachrichten gehen weiter!

Anhand einprägsamer Grafiken zeigt er zum Beispiel, dass die Verbreitung von Krankheiten wie Malaria stark zurückgeht; dass Fahrraddiebstähle oder Teenagerschwangerschaften immer seltener werden; oder dass rund um den Globus immer mehr Menschen Zugang zu Toiletten haben. Sein zweiter Kolumnenband versammelt nicht nur eine Fülle neuer überraschender Weltverbesserungsfakten, sondern bekräftigt auch die frohe Botschaft, dass es keinen Grund gibt, überall Zeichen für den Weltuntergang zu sehen.
„Ein Augenöffner und Entzerrer, den immer wieder in die Hand zu nehmen lohnt.“ (vorunruhestand.de vom 27. November 2018)

Früher war alles schlechter 2

Neue Fakten, warum es uns trotz Kriegen, Krankheiten und Katastrophen immer besser geht
Buch hier kaufen
von Guido Mingels (Hrsg.)
144 Seiten, Deutsche Verlags-Anstalt/SPIEGEL BUCH (12. November 2018)
ISBN 3421048347
Gebundenes Buch 15,00 Euro

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3 Kommentare

  1. Steven Pinker singt das Hohelied des Kapitalismus –

    die Botschaft ist: Die Welt wird immer besser, weil es den Kapitalismus gibt –

    Pinkers „Zahlen, Daten und Statistiken“ sollte man nicht eine Sekunde glauben.

    Friedrich August von Hayek ist einer der „Schöpfer“ des „Neoliberalismus“:

    Steven Pinker: „(…) Es war Friedrich August von Hayek, der hier ein starkes Argument formulierte: Auch wenn die Individuen nicht besonders intelligent sind, können unglaublich intelligente Dinge entstehen, die kein Superintellekt sich jemals hätte ausdenken können.“

    NZZ: „Zum Beispiel?“

    Steven Pinker: „Zum Beispiel die Marktwirtschaft, die den meisten Menschen bisher ungeahnten Reichtum beschert hat. (…)“

    das ganze Interview mit Pinker: https://www.nzz.ch/feuilleton/steven-pinker-die-toilette-war-eine-grossartige-erfindung-ld.1436540

    1. Ich habe nichts gegen den Kapitalismus. Es ist ein dämliches Wort, eins aus dem vorletzten Jahrhundert. Warum sagen wir nicht einfach: Freie Marktwirtschaft?!
      „Ich habe etwas, das du brauchen könntest, was willst du dafür zahlen?“
      Aber ich will diese Diskussion hier nicht führen.

      Wo wäre die Medizin ohne das Geld? Die Lebenserwartung? Hätten wir diese Fortschritte, die Impfseren, die Oprationstechniken, die Hoffung für unzählige Menschen?

      Die beiden letzten großen Kriege hatten sehr wenig mit dem Kapitalismus zu tun, sondern die Abermillionen unschuldiger Opfer mussten wegen andere Ideen sterben. Wir haben das überwunden.

      Viele Dinge, unzählige Dinge sind besser und werden besser. Meine Familie besitzt mehrere Immobilien, wären sie im Sozialismus oder in Ostpreußen geblieben … wir wären schon alle tot vermutlich. Wie Helmut Schmidt es sagte: Viele kleine Leute können sich Eigentum leisten und erarbeiten.

      Kriminalität, Aufklärungsrate, Gewaltdelikte – alles rückgängig. Weshalb?

      Es ist nicht Pinkers MEINUNG, es sind nicht SEINE Zahlen. Es sind die offiziellen Zahlen, die jedes Jahr veröffentlicht werden und die jeder nachvollziehen kann.

      Oder sagen wir so: Denken wir zurück. Wie lange zurück. 100 Jahre? Wie ging es den Leuten damals? 150, 200 Jahre? Was war da? 300 Jahre, 400, 500, 1000, 2000 Jahre. Wie ist es den Menschen gegangen? Wie hoch war das Risiko einer Gewalttat zum Opfer zu fallen, einer unheilbaren Krankheit oder zu verhungern? Was meinst du? Noch weiter zurück? Wann war die Zeit, als es besser war, als jetzt?

      Die Menschheit hat sich mit Hilfe auch des Kapitalismus, der älter ist, als du glaubst, aus unfassbaren Elend, aus Gewaltherrschaft und Unterdrückung, aus Sklaverei und Pest herausgekämpft. Unter großen Opfern. Ich ehre diese Opfer, in dem mir sehr bewusst ist, in was für einem Paradies wir hier leben.

      Es ist ein langes Thema. Schade, dass du so negativ denken musst. Ist aber nicht mein Zirkus, nicht mein Thema.

      Das Interview am Ende deines Kommentars ist toll. Vielen Dank dafür. Pinker ist ein großer Wissenschaftler.

      1. @ Papalapapi

        Danke für Deinen EINDEUTIGEN Kommentar: so wissen Deine Leser*innen, wie sie Deinen Artikel einzuschätzen haben. War vorher nicht klar.

        Wieso „Kapitalismus“ ein, Zitat Papalapapi, „dämliches Wort ist“, kannst Du der Wissenschaft erklären, oder auch einfach Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Kapitalismus

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