Stimmen der Hoffnung aus Weißrussland

Stimmen der Hoffnung aus Weißrussland

Europas letzte Drachen

Hoffnung? Wer hätte gedacht, dass mitten in Europa einige bösartige Drachen überlebt haben. Ihre Feuer töten immer noch Menschen. Sie halten sich gut versteckt und sie sind sehr hungrig, verlangen schreckliche Opfer von den Menschen, die in ihrer Reichweite leben müssen.

Wie ist das möglich? Hier im befriedeten, wohlhabenden, alten Europa, das so viel Erfahrungen im Drachentöten hat. Manchmal dauert es viele Jahre, manchmal braucht es furchtbare Kriege, aber am Ende hat man hier noch jeden Drachen erlegt.

Wer findet sich, wer hat den Mut, den Minsker Drachen zu erlegen? Die Menschen von dem finsteren Unterweltswesen zu befreien?

DMITRI STROZEW- BELARUSSISCHE MEDITATION

geduld
die zeit arbeitet für uns
der vereinte rhythmus des landes
einatmen
ausatmen
einatmen ausatmen
mit dem drachen darf man nicht
in der sprache der gewalt sprechen
in seiner sprache
nur der psychiater
nicht töten
nur ein langes leben
auf der farm
auf der schweinefarm
wo sich das ungeheuer
zuhause fühlt

Diktator Lukaschenko ist einer der letzten Bösewichtige in Europa. Er ist zwar nicht allein, aber einer der gewalttätigsten bösen, alten, weißen Männer Europas. Seine Brüder im Geiste sind Putin und Viktor Orbán. Nur ist Lukaschenko echt gefährlich, gewalttätig und grausam. Möge ihn das Schicksal Ceaușescu ereilen.

Wir alle haben noch die erschütternden Bilder des weißrussischen Oppositionellen Roman Protassewitsch, den das furchtbare Lukaschenko-Regime aus einem mit Militärjets zur Landung in Minsk gezwungenen Ryanair-Flugzeugs heraus verhaftete. Seine öffentliche Vorführung, nach dem der offensichtlich gefoltert wurde, war eine menschenachtende Farce.

Ich erkläre mich solidarisch mit der belarussischen Opposition, mit den Frauen und vor allem Männern, die sich tapfer und aufrecht dem Tyrannen entgegenstellen. Einige Athleten der weißrussischen Olympia-Mannschaft haben die Chance genutzt und sind geflohen. Männer wie Lukaschenko zeigen, wie destruktiv und schlimm Menschen sein können. Wir alle müssen daran arbeiten, dass es für Männer nicht mehr möglich ist, überhaupt so zu werden.

Überwindung von Angst und die Erfahrung der Solidarität

Die Proteste, die nach der offensichtlich gefälschten Wahl vom 9. August 2020 in Belarus/Weißrussland begannen, setzten auch ungewöhnliche künstlerische Energien frei. In den sozialen Netzwerken und bei den Demonstrationen kursierten Erzählungen, Utopien, Gedichte. Plötzlich fanden auch die eine Stimme, die bis dahin geschwiegen hatten.

Zum Jahrestag der inzwischen brutal unterdrückten Volksbewegung erscheint in unserem Verlag nun mit STIMMEN DER HOFFNUNG, ein von Alina Lisitzkaja herausgegebener Band, der diese Stimmen des Widerstands sammelt.

Sie stammen sowohl von professionellen Autoren wie auch von Menschen, die einfach aufgeschrieben haben, was sie während der Proteste erlebten. Ihnen gemeinsam ist der Mut, gegen autokratische Verhältnisse und für Freiheit und Demokratie aufzustehen.

Inzwischen ist die Protestbewegung massiv unter Druck geraten. Tausende wurden festgenommen oder entführt, kritische Medien und Institutionen geschlossen, es gab Tote. Zwischen den Stimmen der Hoffnung stehen Berichte von Protestierenden, die verhaftet und zum Teil auch misshandelt wurden. Aber auch sie ließen sich nicht mundtot machen. Sie erzählen ihre Geschichten.

Der Band entstand unter schwierigen Umständen. Die Texte kamen z.T. auf klandstinen Wegen zur Herausgeberin. Viele der Autoren befinden sich noch im Land, einige schreiben unter Pseudonym.

Das Zentrum für verfolgte Künste wird das Erscheinen des Buches ab dem 09.08.2021 mit einer Social Media Kampagne mit Post und Streamings von Beiträgen des Buchs begleiten, dabei sind von belarussischer Seite u.a. Volha Hapeyeva, Hanna Komar, Uladzimir Liankiević, von deutscher Eva Menasse, Nora Bossong, Marion Brasch, Thomas Sarbacher und viele andere).

Stimmen der Hoffnung – Aufzeichnungen, Gedichte, Texte der belarussischen Freiheitsbewegung

Herausgegeben von Alina Lisitzkaja
Belarussisch/Russisch – Deutsch
14 x 21,5 cm, gebunden, zweifarbig gedruckt
224 Seiten
22,— € (D) / 22,60 € (A)
ISBN 978-3-946990-58-1
Erscheinungsdatum: 9. August 2021
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stimmen der hoffnung
Stimmen der Hoffnung

Das Buch soll einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass die Erfahrungen der Überwindung von Angst und die Erfahrung der Solidarität dokumentiert wird und damit ein Teil der Geschichte von Belarus bleibt – für diese und die kommenden Generationen. Das Buch soll auch dazu beitragen, dass die Hoffnungen und Erfahrungen der gegen das Lukaschenko-Regime protestierenden Belarussen von Menschen im Ausland gehört werden. Und das Buch soll helfen, die Hoffnung zu bewahren, denn so lange man gehört wird, verliert man auch die Hoffnung nicht. Ein jeder Leser trägt insofern ein wenig dazu bei, diese Hoffnung zu erhalten – auch in dieser jetzt so überaus schwierigen politischen Situation.

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