Der BARBIE Film ist eine Groteske über die Unmöglichkeit eine Frau zu sein in der echten Welt. Weil Frauen nun mal keine Barbies sind, sondern Gefühle haben, verletzt werden können, unvollkommen und manchmal sehr schlecht gelaunt ist. Und sogar – festhalten – sterben können. Männer kommen dabei gar nicht gut weg – ob nun Ken oder der Vorstand von Mattel, dem us-amerikanischen Unternehmen, dass die Barbiepuppe erfunden hat. Herrlich ist das. Der Film ist absolut sehenswert und schafft es, die Abgründe des Patriachats KENntlich zu machen.
In jedem Fall – und das stelle ich hier voran – ist die Schauspielerin Margot Robbie in der Rolle der BARBIE eine Augenweide. Sie ist wirklich wunderwunderschön und hat eine unvergleichliche Präsenz auf der Leinwand. Auch Ryan Gosling als Ken macht seine Sache hervorragend und ist sehr schön anzusehen. Margot Robbie und Ryan Gosling als BARBIE & Ken sind eine fabelhafte Besetzung für den BARBIE Film, das kann man nicht anders sagen
Die Spielfigur BARBIE, die „stereotypische Barbie“ (es gibt auch andere Barbies), lebt in einer heilen, pinken Welt mit dem immergleichen „besten Tag“. Doch eines Tages bei einer tollen Party erfährt sie seltsame Irritationen. Ihr Welt scheint sich wie sie selbst zu verändern. Damit alles so bleiben kann, wie es ist, muss sie in die echte Welt („zur echten Welt hier entlang“) und die Probleme zu lösen. Ken schmuggelt sich in ihr pinkes Plastik-Cabrio und beide erleben am Beach von Los Angeles zwischen Venice und Santa Monica ihr blaues Wunder.
Puppengefühle und ihre kognitive Verwirrung
Was sich zunächst anlässt wie „die kognitive Dissonanz einer Frau im Patriachat“ – was auch der Fall ist – wächst sich zu einer mächtigen Kritik an den herrschenden Zuständen, sprich, am Patriachat aus. Übrigens: Kognitive Dissonanz ist ein negative Gefühlszustand, der durch nicht vereinbare oder sich gegenseitig sogar ausschließende Wahrnehmungen/Gedanken entsteht. So.
Als Spoiler sage ich, dass mir der Schluss am Film nicht gefällt. BARBIE will nun unbedingt ein Mensch werden und verlässt ihre BARBIE-Welt. Es ist in diesem BARBIE Film vielleicht folgerichtig, dass sie das will. Aber es wirkt hier dennoch konstruiert und etwas langatmig am Ende dieses brillanten Kinostreifens. Es hätte gereicht, wenn die echten Menschen, nämlich die trotz Partner alleinerziehende Mutter Gloria (America Ferrera) samt ihrer sehr schlauen und engagierten 15-Jährigen Tochter Sasha, ein nachhaltig Entwicklung gemacht hätten. Oder die Männer.
Die Männer im Patriachat sind Luschen
Ken weiß nicht wer er ohne BARBIE ist und ist am Ende gezwungen, nach die Errichtung des Patriachats im Barblieland gescheitert ist, endlich selber herausfinden, wer er ohne BARBIE und ohne seine Beach, und all seins Zeugs (Amazon-Werbung: „Mit dieser Beach-Ken-Puppe lassen sich Strandszenen, Poolpartys oder Sommerurlaubserlebnisse nachspielen“), wirklich ist. Ja, das ist dann wirklich das richtige Leben. Wir Männer müssen herausfinden, wer wir ohne die Bestätigung und Anerkennung durch die Frauen wirklich sind. Stichwort: No more Mr. Nice Guy. Das muss Ken auch.
Ken ist ohne Barbie nicht denkbar. BARBIE & Ken ist unzertrennlich, obwohl sie niemals Sex haben, er sie nie wirklich haben kann, weil sie ständig Party macht und alles andere im Puppenkopf hat als Ken. Das einzige, das Ken wirklich kann, ist „Beach“. Und gut aussehen. Das muss reichen und im BARBIEland reicht das auch. Glücklich wie die schöne BARBIE aber ist Ken nie.
Und so stürzt er in die echte Welt und will gleich alles rocken, was sich zeigt. Wie zuhause möchte er Arzt sein, Bänker, Rettungsschwimmer. Aber er darf nicht. Er hat keine Ausbildung, hat nicht studiert, hat nichts vorzuweisen – außer, dass er ein Mann ist. Ken wird überall weggeschickt. Sehr lustig, als im Krankenhaus einen Bilddarm operieren will, er aber abgewiesen wird. Dann sagt er der Frau, vor der er steht, dass er einen Arzt sprechen will – er hofft, von einem Mann verstanden zu werden, denn Ärzte sind Männer und Ken selbst ist ein Mann – und sie im sagt, dass sie Arzt sei. Das ist zu viel für den Mann.
Es sind zwei Ebenen aktiv. Mindestens. Auf der einen ist da die männliche Dominanz und Überheblichkeit (Mansplaning), die davon ausgeht, dass Mann als Mann alles kann, irgendwie. Kommt euch bekannt vor? Siehste. Andererseits wird auch deutlich, dass die Macht bei den Zertifizieren bleibt. Diejenigen, die nichts haben und nichts können, sind verloren. Und dass man in den USA ohne Ausbildung vom Tellerwäscher zum Millionär werden kann, ist endgültig Geschichte. Das ist eine sehr subtile und krasse Gesellschaftskritik, der eher nebenbei ins Schwarze trifft. Doch der Kern ist: Mannsein reicht nicht, um Erfolg und ein gutes Leben zu haben. Das ist die schlechte Nachricht für uns Männer.
Männer kommen in diesem BARBIE Film gar nicht gut weg. Muss und soll auch nicht. Das Buch zum BARBIE-Film haben zwei engagierte Frauen geschrieben. Neben Ken und den anderen Kens, haben wir zum Beispiels den Vater der 15-Jährigen Sasha (McKenna Roberts), die BARBIE die Leviten liest, als diese aus ihrem Takatuka-Land in Saschas „echte-Welt-Schule“ erscheint und um Hilfe ersucht. Starker Auftritt des Teenagers. Leider wird diese selbstbewusste junge Lady oft nur nebenher laufen und hat kaum Relevanz in der Geschichte. Schade.
Ihr Vater aber wird als kaum präsent und schwach dargestellt. Die Kraft, die von diesem Mädchen ausgeht, scheint sie von der Mutter zu haben. Und diese Mutter, Gloria, ist es auch, die BARBIE die Problem eingebrockt hat. Wie im richtigen Leben.
Als seltsamer Hampelmann wird der Vorstandsvorsitzende des Mattel-Konzerns (Will Ferrell sehr lustig als Mattel-SEO) dargestellt. Mattel hat die BARBIE-Puppenserie ja erfunden und vermarkte sie weiter. Mattel ist auch Produzent des Films und nimmt sich selber kräftig auf die Schippe. In Deutschland ist solch eine Selbstironie nur schwer vorstellbar. Der Vorstand samt des Vorsitzendes ist natürlich nur an seinen Geschäften interessiert und eigentlich ein lächerlicher Haufen hilfloser, abhängiger Kerle, die Geld und Posten gekommen sind. Aber es ist sehr lustig mit Ihnen.
Mein Lieblingsjoke: BARBIE platzt aus ihrer pinken Blase in eine Sitzung des Vorstands herein und will ihr dringendes Anliegen vortragen. Da sagt der SEO, sie solle im doch eine Mail schicken, und zwar EOD (Ey, Oh, Dee => End of Day), „am Ende des Tages“, wie er fröhlich seinem Nebenmann erklärt. Sehr lustig.
Auch der „oberste Gerichtshof“ im BARBIE-Land sorgt bei mir für einen Brüller. Alles Barbies, die sehr sexy und total unterschiedlich aussehen. Also das genau Gegenteil von einem von konservativen Männern dominierten obersten Gerichtshof in der realen Welt der USA. Der BARBIE Film mischt die auf.
Fazit BARBIE Filmkritik
Wie schon erklärt, ist BARBIE kein Familienfilm und auch für Kinder nicht wirklich geeignet. Nicht, dass da etwas Schlimmes geschieht, aber Kinder werden die Tiefe und Aussage des Films nicht verstehen. Trotzdem sie gut unterhalten werden und vermutlich gar nicht merken, dass mehr dahintersteckt als diese bunte Kaugummiwelt mit den schönen Menschen, die Abenteuer erleben und bestehen. Sogar die Welt retten vor dem Patriachat. Aber hier geht es eben ans Eingemacht und deshalb ist dieser Film kein Sonntagsnachmittagsfilm für Groß und Klein.
Dieser BARBIE-Film sorgt in einigen Ländern für Unbehagen, obwohl er im engeren Sinne ein asexueller Film ist. BARBIE und Ken, sind abgesehen davon, dass sie Mann und Frau darstellen sollen, asexuelle Wesen. Ken und seine Mitstreiter kämpfen denn auch darum, Hoden zu haben. Aber das wars dann auch.
Vietnam meldet Kritik wegen einer angeblich chinafreundlichen Landkarte in dem Streifen. Algerien empfiehlt, den Film nicht zu zeigen. Pakistan und Libanon setzen ihn wohl auch auf die Liste kritischer und manchmal verbotener Filme. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Analyse von Gudrun Harrer unter dem Titel: Barbies Attacke auf Allahs Ordnung. Natürlich: Diese Puppe ist politisch, ob man das wahrhaben will oder nicht, ob mit oder ohne den BARBIE-Film von Greta Gerwig.
Die konservative Kritik an dem Film, es handelte sich um „feministische Propaganda“ und wäre ein „Beweis, dass Feministinnen Männer hassen“, teile ich absolut nicht. Das ist Bullshit.
Was Transgender, queere Lebensweise und andere „LGBTQIA+“-Themen betrifft, so ist dieser Hollywood-Streifen von Warner-Bros absolut neutral. Kein Thema nirgends. Ist auch Ok. Will ich nicht als Filmkritik verstanden wissen. Verbote und Kritik an dem Streifen gibt es primär deshalb, weil die traditionellen, stereotypen Geschlechterrollen ad absurdum geführt werden. Was sie auch sind: absurd.
Die schon verstorbene Erfinderin der BARBIE-Welt, Ruth Handler, taucht auch in dem Film auf. Als Geist, der in einem abgeschiedenen Raum weiterlebt und als Ur-Mutter eine ausgleichende und zweischneide Rolle spielt. Einerseits setzt ihr der Film ein Denkmal, andererseits macht BARBIE ihr gegenüber deutlich, dass sie nicht mit all den ihr zugewiesenen Eigenschaften und Rollen einverstanden ist.
Und darum geht es mir: Bewusstsein zu schaffen, für die Strukturen des Patriachats und was dieses mit uns als Menschen macht. Hier liegt der Schwerpunkt auf den Frauen und das ist gut so. Sie leiden immer noch weltweit am Meisten unter der Herrschaft der Männer, des Großkotzertums, der Ausbeutung, der Isolation, Manipulation und des Beherrschens. Nicht, dass wir Männer nicht auch darunter leiden würden – vor allem wir „kleinen“ Männer scheinbar ohne Macht und Einfluss.
Aber hier geht es erst einmal darum, etwas klarzustellen, dass Frauen einen anderen Zugang zu sich selbst, zu ihrem Körper, zur Gesellschaft und zu den wirklich wichtigen Dingen erhalten und sich erarbeiten müssen. Das unterstütze ich als Vater ein wundervollen Tochter. Und hier leistet der Film einen wichtigen Beitrag. Er wird noch lange für Diskussionsstoff sorgen.
Apropos Tochter: Die ist heute wieder mit einer Freundin shoppen. Aber ich will sie demnächst noch einmal fragen, was bei ihr von dem Film hängengeblieben ist. Ich weiß, dass sie den Kinofilm toll fand. Hat sie aber auch mehr davon verstanden, als ich ahne? Ich hoffe es.
BARBIE Film Trailer
BARBIE der Film (2023)
Regie Greta Gerwig
Drehbuch Noah Baumbach, Greta Gerwig
Kamera Rodrigo Prieto
Darsteller Margot Robbie, Will Ferrell, Ryan Gosling, America Ferrera, Emma Mackey, Michael Cera, Rhea Perlman, Ariana Greenblatt, Issa Rae uvam.
Musik Alexandre Desplat
Schnitt Nick Houy
Produktionsland USA
Filmlänge 114 Min
Filmverleih Warner Bros. Entertainment GmbH
Mein Lieblingszitat aus dem BARBIE-Film: Der Monolog von America Ferrera
Es ist buchstäblich unmöglich, eine Frau zu sein. Du bist so schön und so klug, und es macht mich fertig, dass du denkst, du bist nicht gut genug. Wir müssen immer außergewöhnlich sein, aber irgendwie machen wir es immer falsch.
Man muss dünn sein, aber nicht zu dünn. Und man darf nie sagen, dass man dünn sein will. Man muss sagen, man will gesund sein, aber man muss auch dünn sein. Du musst Geld haben, aber du kannst nicht nach Geld fragen, denn das ist krass. Du musst eine Chefin sein, aber du darfst nicht gemein sein. Du musst anführen können, aber du darfst die Ideen anderer nicht unterdrücken. Du musst es lieben, Mutter zu sein, aber darfst nicht die ganze Zeit über deine Kinder reden. Du sollst eine Karrierefrau sein, aber auch immer auf andere Menschen aufpassen.
Man muss für das schlechte Verhalten von Männern einstehen, was verrückt ist, aber wenn man darauf hinweist, wird man beschuldigt, sich zu beschweren. Du sollst für die Männer hübsch bleiben, aber nicht so hübsch, dass du sie zu sehr in Versuchung führst oder andere Frauen bedrohst, denn du sollst ein Teil der Schwesternschaft sein. Aber du sollst immer herausstechen und immer dankbar sein.
Vergiss aber nie, dass das System manipuliert ist. Finde also einen Weg, das anzuerkennen, aber sei auch immer dankbar. Du darfst nie alt werden, nie unhöflich sein, nie angeben, nie egoistisch sein, nie hinfallen, nie versagen, nie Angst zeigen, nie aus der Reihe tanzen. Das ist zu schwer! Es ist zu widersprüchlich und niemand gibt dir eine Medaille oder sagt danke! Und es stellt sich heraus, dass du nicht nur alles falsch machst, sondern auch alles dein Fehler ist.
Ich habe es einfach so satt, mir und jeder anderen Frau dabei zuzusehen, wie sie sich selbst verknotet, damit die Leute uns mögen. Und wenn all das sogar auch auf eine Puppe zutrifft, die nur Frauen repräsentiert, dann weiß ich auch nicht weiter.
(Zitat von FILM.AT)
Mehr erhellende, aber auch sehr lustige Zitate aus dem Film auf NDR.DE „Komödie als augenzwinkernde Gesellschaftssatire in Pink„
BARBIE GIRL Hit
Ein Chart-Hit, der nicht so alt ist, wie ich glaubte, und den die junge Generation wohl nicht mehr kennt. Daher hier der Song von Aqua aus YOUTUBE.
BARBIE-Austellung in Los Llanos auf La Palma (Kanaren) 2023
In de Frühjahrsferien, den Hamburger Skiferien, war ich mit meiner Tochter auf La Palma. Dort hat ein schwules Künstlerpaar eine kleine BARBIE-Ausstellung inszenziert. Hunderte von Puppen aus allen Jahrzehnten, sei es BARBIE (eigentlich Barbara Millicent Roberts) gibt, seit 1959, waren dort zu sehen. Fantastisch. Hier eine kleine Auswahl davon.
Zusammenfassung der Geschichte der Barbie-Puppe
Die Barbie-Puppe ist eine der bekanntesten und langlebigsten Spielzeugfiguren, die von der amerikanischen Spielzeugfirma Mattel, Inc. entwickelt und hergestellt wurde. Die Geschichte der Barbie-Puppe reicht zurück bis in die späten 1950er Jahre.
- 1950er Jahre: Die Idee für Barbie entstand aus einer Beobachtung von Ruth Handler, einer der Mitbegründerinnen von Mattel. Sie bemerkte, dass ihre Tochter Barbara oft mit Puppen spielte und sie in Rollenspiele einbezog, die Erwachsenen-Szenarien nachahmten. Dies inspirierte sie, eine erwachsenenähnliche Puppe zu entwickeln, die verschiedene Rollen und Berufe verkörpern konnte.
- 1959: Die erste Barbie-Puppe wurde am 9. März 1959 auf der New Yorker Spielwarenmesse vorgestellt. Die Puppe hatte blonde Haare, trug ein schwarzes und weißes Badeanzug-Outfit und wurde als „Teenage Fashion Model“ vermarktet. Barbie wurde nach Ruth Handlers Tochter Barbara benannt.
- 1960er Jahre: In den 1960er Jahren entwickelte sich Barbie zu einem kulturellen Phänomen. Sie repräsentierte verschiedene Berufe und Lebensstile, die für Mädchen inspirierend waren. Die Puppe wurde zu einer wichtigen Ikone der Popkultur und beeinflusste die Mode, Frisuren und das Spielverhalten vieler Kinder.
- 1970er Jahre: Barbie blieb ein beliebtes Spielzeug, obwohl sie auch Kritik für ihre unrealistischen Proportionen erhielt. Mattel führte in diesem Jahrzehnt eine breitere Vielfalt von Barbies ein, darunter ethnische und internationale Puppen sowie Charaktere aus Filmen und Fernsehsendungen.
- 1980er Jahre: Die 1980er Jahre brachten eine noch größere Diversifizierung der Barbie-Puppen, einschließlich der Einführung der „Barbie and the Rockers“-Linie und der Zusammenarbeit mit verschiedenen Marken und Prominenten.
- 1990er Jahre bis heute: Barbie hat sich weiterentwickelt und wurde modernisiert, um mit den sich ändernden kulturellen Trends Schritt zu halten. Es wurden zahlreiche Barbies zu Charakteren aus Filmen, Büchern und anderen Medien herausgebracht. Mattel hat auch Anstrengungen unternommen, das Image von Barbie zu verbessern und ihre Vielfalt hervorzuheben, indem sie eine größere Bandbreite von Körpertypen, Hauttönen und Haartypen in ihre Produktpalette aufgenommen haben.
Barbie hat im Laufe der Jahre eine wichtige Rolle im Spielen und in der Popkultur gespielt, hat jedoch auch kritische Auseinandersetzungen über die Darstellung von Schönheit, Geschlechterrollen und Körperbild hervorgerufen. Trotzdem bleibt Barbie eine der ikonischsten und bekanntesten Spielzeugfiguren weltweit.