Buchtipp im Advent #3: Einsamkeit – die unerkannte Krankheit

Einsamkeit. Die unerkannte Krankheit - Ausschnitt vom Buchcover

Alleine der Buchtitel provoziert. Einsamkeit soll eine Krankheit sein. Ein Kapitel des Buches behauptet sogar, Einsamkeit wäre Todesursache Nummer eins. Dem wird natürlich kraftig widersprochen. Dennoch ist es wichtig, so meine ich, auf das Phänomen Einsamkeit aufmerksam zu machen. Gerade im Advent und zum Familienfest Weihnachten.

„Manfred Spitzer versteht sich nicht nur als Wissenschaftler, sondern in erster Linie als Arzt, der sofort helfen will.“ (ärzteblatt.de)

 

Ein neuer verstörender Weckruf von Sachbuch-Bestseller-Autor Manfred Spitzer: Einsamkeit ist eine Krankheit mit fatalen Folgen für Körper und Seele.

Wer einsam ist, erkrankt häufiger als andere an Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall, Depressionen und Demenz. Einsamkeit ist zudem ansteckend und breitet sich wie eine Epidemie aus – nicht nur Singles und Alleinstehende sind davon betroffen, sondern auch Verheiratete! Einsamkeit ist die Todesursache Nummer eins in den westlichen Ländern, so Manfred Spitzer. Diese alarmierende Botschaft wird mittlerweile weltweit von zahllosen wissenschaftlichen Studien bestätigt, die auch deutlich machen: Einsamkeit ist mehr als Alleinsein.

Manfred Spitzer beschreibt in seinem neuen Buch erstmals, warum Einsamkeit ein Krankheitsverursacher ist, wie krankmachende Einsamkeit und soziale Isolation aussehen und welch gravierenden Einfluss das auf die Gesundheit, auf Körper und Seele der Betroffenen hat. Der streitbare Psychiater will damit eine Gesellschaft aufrütteln, die Einsamkeit immer noch als erstrebenswertes Wellnessangebot für gestresste Zeitgenossen betrachtet.

 
Natürlich regt sich Widerstand gegen den Ansatz oder sagen wir besser gegen Prof. Manfred Spitzer an dieser Stelle. Und der ist auch berechtigt und wichtig. Siehe Psychologie: Einsamkeit – eine tückische Trenddiagnose von Jakob Simmank. Wer aber schon einmal mit psychisch kranken Menschen gearbeitet hat, wer das Elend am Ende des Lebens kennt, wer mit Alten und Siechen Leuten zu tun gehabt hatte, der weiß, dass Einsamkeit ein fruchtbare Sache ist. Und wenn sie nicht selbst die Krankheit ist, so verschlimmert sie alles und verhindert auch Heilung und Genesung.

Ob man gleich ein Ministerium für Einsamkeit braucht, wie Großbritanien eins eingeführt hat, darüber kann man streiten. Siehe die Gegenstimme von Jens Jessen auf ZEIT.DE: Ministerium für Einsamkeit – Biggest Brother. Unstrittig aber ist, dass Einsamkeit ein großen Problem ist. Und ein gesellschaftliches. Wenn die Briten ein Ministerium dagegen gründen, liegt das auch an einem grundsätzlich anderen Verständnis von Gemeinschaft in der angelsächischen Kultur. Da können wir sicher noch etwas lernen.

Die Versingelung der Gesellschaft insbesondere in den Großstädten verstärkt den Eindruck der Gefahr von Isolation. Auch dass alte und kranke Menschen in Heime und Institutionen abgegeben werden, der Tod nicht mehr stattfindet und auch in die Krankenhäuser ausgelagert wird, die Familien zerbrechen. Es ist eine Tatsache und ein Problem. Und es ist wichtig, dass Stimmen, die Gehör finden, wie z.B. Dr. Manfred Spitzer, diese Phänomene thematisieren. Wer soll das denn sonst tun?

Besonders löblich im Buch von Spitzer finde ich das Kapitel „Was tun“. Hier werden ganz konkrete Maßnahmen erklärt. Was Profis tun können, was jeder von uns tun kann. Von Aufklärung über Therapie, von „geben“ und „helfen“ bis hin zu „musizieren, singen, tanzen“ reicht das Spektrum der Möglichkeiten, der Isolation und der Angst entgegen zu wirken.

Wie auch immer man zu Spitzer steht und wie kritisch man seine teils provokanten Thesen finden mag, der hat die Finger in der Wunde. Ich finde es wichtig, über all dass nachzudenken. Vielleicht gerade in der besinnlichen Zeit.

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Einsamkeit – die unerkannte Krankheit

von Manfred Spitzer
320 Seiten, Droemer HC (1. März 2018)
ISBN: 9783426276761
Gebundenes Buch 19,99 Euro

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