Es gibt TV-Formate, die uns sehr gut unterhalten. Und manche können uns sogar sehr bereichern. Naked Survival: Last One Standing, die Spezialstaffel der bekannten Survival-Serie, gehört zur zweiten Sorte. Zwölf Menschen, erfahrene Überlebenskünstler:innen, kämpfen 45 Tage lang in der rauen Oribi-Schlucht in Südafrika ums nackte Überleben – nackt, mit minimaler Ausrüstung und unter extremen Bedingungen.
Was dabei entsteht, ist mehr als ein Wettbewerb. Es ist ein psychologisches Labor. Ein Test auf Menschlichkeit, Kooperation und Charakter. Und ein schonungsloser Spiegel für die Frage: Wie viel Natur steckt noch in uns – im modernen Mann?
Die Regeln sind hart – die Natur ist härter
Schon zu Beginn wird klar: Es geht hier nicht um bloßes Durchhalten, sondern um echte Resilienz. Die Teilnehmenden starten in Zweier-Teams. Wer aufgibt, zieht auch seinen Partner oder seine Partnerin mit aus dem Spiel. Nur gemeinsam lässt sich die erste Phase überstehen – mit selbstgebautem Unterschlupf, improvisierter Jagd, Feuerstellen aus dem Nichts.
Doch schon bald kippt die Dynamik. Die Gruppen werden neu durchmischt, Kooperation wird zum Wettbewerb. Und in der letzten Phase kämpft jede:r für sich allein – auf einer mehrtägigen Tortur durch eine offenbar lebensfeindliche Landschaft. Wasser, Nahrung, Schlaf – die gesamte Exisetenz wird zur Herausforderung. Man steht nackt da.
Gleichberechtigung unter Extrembedingungen
Was dieses Reality-Format besonders macht: Frauen und Männer begegnen sich auf Augenhöhe. Nicht als Idee, sondern als Realität. Wer kochen kann, kocht. Wer Feuer machen kann, macht es. Die Rollen sind nicht verteilt, sie entstehen aus Können, Erfahrung – und dem Mut, echte Verantwortung zu übernehmen.
Der Begriff „Männlichkeit“ wird hier neu verhandelt – nicht durch Worte, sondern durch Taten. Nicht der Lauteste überlebt. Sondern der, der zuhören kann. Der sich anpasst. Der Haltung zeigt.
Sabotage, Misstrauen – und der Schatten der Zivilisation
Die Wildnis ist kein moralischer Ort, wie wir es nur schwer verstehen können. Und doch bringt sie Moral auf den Prüfstand. In Phase zwei und drei kommt es zu bewusster Sabotage: Verstecken von Werkzeugen, Taktikspielchen, psychologischer Druck. Nicht, weil es vorgeschrieben ist – sondern weil das Preisgeld winkt: 100.000 Dollar für den oder die Letzte im Spiel.
Und hier zeigt sich: Wir nehmen unsere zivilisatorischen Muster mit. Misstrauen. Konkurrenz. Ego. Wer sie nicht reflektiert, wird zum Risiko – für sich und andere.
Dieser Wettbewerb zeigt damit nicht nur, was wir in der Natur lernen können. Sondern auch, was wir verlernt haben. Natürlich das Fallenstellen, Bogenschießen und die Erfahrung, was essbar ist und was nicht. Es sind vor allem Nähe, Vertrauen und kollektive Verantwortung.
Männlichkeit unter dem Mikroskop
In diesem Setting tritt ein neues Bild von Männlichkeit hervor. Nicht das kraftmeierische Ideal, sondern der balancierte Mann, der weiß, wann Stärke gebraucht wird – und wann Rücksicht. Wann es Zeit ist, zu führen – und wann, loszulassen.
Ein Mann, der aushalten kann, dass andere besser sind. Der seine Emotionen im Griff hat – aber nicht unterdrückt. Der in der Not nicht nur für sich kämpft, sondern für das Team.
Dieses Format ist voll von Momenten, in denen sich echte Haltung zeigt – und in denen sie fehlt.
Echt, aber nicht lebensgefährlich
So rau das Format inszeniert ist – es ist keine fahrlässige Mutprobe. Die Teilnehmenden sind erfahren, gebrieft und permanent vom Produktionsteam sowie lokalen Wildhütern überwacht. Gefährliche Tiere wie Leoparden oder Giftschlangen werden auf Distanz gehalten. Die echten Gefahren heißen: Dehydration, Unterkühlung, mentale Erschöpfung. Alles andere ist kontrolliert – aber nicht gescriptet.
Die Teilnehmer:innen in Last One Standing
Mit dabei sind u. a.:
- Matt Wright, ein erfahrener Scharfschütze mit 215 Tagen Wildnis-Erfahrung.
- Jeff Zausch, ein ehrgeiziger Überlebensstratege mit Hang zur Grenzüberschreitung.
- Waz Addy, Ex-Rugby-Profi mit militärischer Vergangenheit – und ruhigem Leadership-Stil.
- Cheeny Plante, eine der jüngsten Teilnehmerinnen, deren mentale Stärke viele überrascht.
Jeder von ihnen bringt andere Fähigkeiten – aber auch andere innere Wunden – mit in die Wildnis. Und genau das macht das Format so interessant. Es geht mehrere Schritt weiter, wie etwas das Dschungelcamp! 😉
Die Wildnis kennt keine Rollen – nur die nackte Wahrheit
Naked Survival: Last One Standing ist keine Eskapismus-Serie. Es ist eine Einladung zur Selbstbeobachtung. Nicht: Würde ich das auch überleben? Sondern: Wie viel von meinem Selbstbild würde in der Wildnis standhalten?
Denn:
Männlichkeit ist nicht Härte, sondern Haltung. Und Überleben ist nicht Dominanz, sondern Beziehung. Wer das verstanden hat, ist schon einen Schritt näher an echter Stärke – ob in der Oribi-Schlucht oder im Alltag.
Würde ich in einem solchen Format mitmachen? Ja. Ich würde es versuchen. Denke mal, dass die Auswahlkriterien hart sind und vor allem Leute aus dem anglo-amerikansichen Raum gecastet werden.
Aber ich hätte schon Lust, mich mal zu entzivilisieren. Vielleicht nicht unbedingt in einem männlichen Konkurrenzkampf, sondern in einem Team. Immerhin bin ich AUCH als Fußballer sozialisiert. Dort lernt man, im Team zu denken, als Team die Aufgaben zu bewältigen.
Ich glaube auch, dass der zivilisatorische Lack bei mir nicht so dick ist, wie vielleicht vermutet. Aber auf das Wesentliche zurückgeworfen zu sein, seine „wahren Fähigkeiten“ zu entdecken und einzusetzen, das würde uns allen mal ganz guttun. Sich mit dem eigenen Körper, den Gefühlen, den Ängsten auseinanderzusetzen. Wenn es nur ums Essen geht, ums Trinken, Schlafen und die Gemeinschaft.
Insofern dürfen auch diejenigen, die solche TV-Formate ablehnen, mal ihre Maske erkennen und fallenlassen, und sich vielleicht in einem ersten kleinen Schritt auf diese Erfahrung einlassen: Dabei zuzuschauen, wie sich andere mit dem nackten Selbst und „Mutter Natur“, dem Überleben auseinandersetzen. Ich finde es faszinierend.
Wo und wann läuft Naked Survival?
Naked Survival: Last One Standing läuft auf dem Männersender DMAX, in der Regel freitags zur Primetime und Sonntagmittag, mit Wiederholungen im Laufe der Woche. Clips, Teaser und exklusive Ausschnitte findet man auch auf dem YouTube-Kanal DMAX Adrenalin.
Naked Survival – Ausgezogen in die Wildnis
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