Panik ist vielleicht übertrieben, „Sorge“ ist das bessere Wort. Habe ich letzte Woche selber erlebt: Kinder im Teich – die Mütter in Sorge. Ein kleiner, künstlicher Teich, rund 40 Zentimeter tief, in einem romantischen Park in Hamburg, mit zottigen Hunden drin, die Stöckchen holen, das Wasser belegt mit Entengrütze an einem heißen Sommertag. Was machen die Kinder? Raus aus den Klamotten und hinein ins Vergnügen! Und was machen die Mütter? Brechen in Sorge aus, murmeln Verbote und beißen die Zähne zusammen. Aber zwischen ihnen und dem Teich stand noch etwas anderes, eine Art Alien, mit dem sie nicht gerechnet hatten: Ein Mann!
Ein Vater, besser gesagt, nämlich ich, der die Mütter erfolgreich davon abhielt, den Kindern diesen kleinen Spaß zu verderben. Denn die wollten da natürlich hinein, zu den Hunden, den Stöckchen, der Entengrütze und dieser ganzen, kühlen, dunklen, interessanten Sache. Und was die Mütter alles aufzählten an Bakterien, Erkrankungen und Ängsten hätte alles nicht in dieses 10 mal 10 Meter große Bassin gepasst. Es kribbelte schon überall.
Aber es ist Sommer, es sind Kinder und die Hunde sind doch auch drin!
„Ja, aber, wenn die Kinder das trinken, das Wasser …“
„Aber warum sollten sie das tun? Und selbst, wenn, was sollte denn passieren? Ihr, wir haben unsere Kindheit auch überlebt und da standen nicht ständig Mami und Papi dabei. Kinder müssen auch mal was tun, was die Mütter nicht so toll finden. Gerade das ist wichtig. Sie müssen etwas machen, was die Erwachsenen nicht wissen, was denen nicht geheuer ist und wo sie ein kleines Abenteuer bestehen müssen. Und Abendteuer und neue Erlebnisse gibt es nur mit einem gewissen Risiko. Du kannst deine Kinder nicht in Watte packen. Vor allem die Jungs nicht. Was soll denn aus denen werden? Wenn die gar nichts mehr dürfen und vor den vielen Bakterien geschütz werden müssen … DANN werden sie krank. Später einmal. Nun lasst die mal. Rein mit den Zwergen!“
Das war überzeugend. Ein sympathischer Vater stand neben mir und stimmt dem zu. Ich bin da halt etwas offensiver als er und bringe die Sache auf den Punkt und rede auch mal der einen oder anderen Mutter ins Gewissen, ihr Kind Kind sein zu lassen. Das ist meine Aufgabe als Vater.
Es ist ja gut, dass die Mütter Sorge haben, das ist ihr Job. Aber hier, an einem Sommertag an einem Teich, ist diese Sorge übertrieben. Jetzt treten die Aufgaben der Väter in den Vordergrund, nämlich den Kindern ein Abenteuer zu ermöglichen, ihnen mehr zuzutrauen und für sie weitere Freiräume gegen die Mutter zu erkämpfen. Deshalb ist es ja gut, Vater und Mutter, beide Eltern zu haben. Jeder hat seine Stärken und seine Schwächen.
„Ja, und morgen bin ich dann wegen Ausschlag und Durchfall beim Arzt.“
„Kein Problem, das mach ich dann. Ich übernehme (für deinen Sohn) die volle Verantwortung!“
Da mussten wir lachen.
Es kann außerdem nichts passieren, weil wir Erwachsene ja dabei sind. Und es war ja auch gar nichts los, wir haben es alle mit Humor genommen und es sind auch hinterher keine Beschwerden gekommen, die Kinder haben die Sache allesamt gesund überlebt.
Und heute hat der neue Stern genau aus auf dem Titel. Tolles und wichtiges Thema.
„Lassen Sie mich feststellen, dass unendlich viele Dinge existieren, die Anlass zur Besorgnis geben: Computerspiele, das Fernsehen, der Verkehr, schlechter Umgang, unsensible Lehrer, Drogen, Pornografie, ungewollte Schwangerschaften und so weiter und so fort. Das Leben ist voller Bedrohungen, inklusive der ständigen Gefahr zu sterben.
Doch glücklicherweise hängt unsere Lebensqualität und die Qualität unserer Beziehungen nicht von den Tatsachen an sich ab, mit denen wir konfrontiert werden. Entscheidend ist, in welcher Weise wir diesen Tatsachen begegnen. Entweder sehen wir ihnen ins Gesicht und stellen uns den Herausforderungen, oder wir fallen ihnen zum Opfer“
Jesper Juul. „Die Kompetente Familie.“