Gefährliche Echokammern – Wie die Mannosphäre (junge) Männer vergiftet

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Als Mannosphäre (engl. Manoshere) bezeichnet man das herzlose Gift eines rückständigen Männlichkeitswahns. Zwei persönliche Geschichten vor dem allgemeinen Überblick, mit was für einer verdammten Scheiße es wir hier zu tun haben.

Eine Zeit lang versucht ich es mit Männerarbeit und suchte nach Anschluss in der Männerwelt, suchte eine Männergruppe. Die ich auch fand. Hier aber wurde überwiegend über Beziehungsprobleme gelabert und der jüngste der Gruppe vögelte eine meiner neurotischen Freundinnen. Da hört der Spaß bei mir auf. In der Zwischenzeit hatte ich aber schon meine Fühler weiter ausgestreckt. Ich besuchte hin und wieder einen Männerstammtisch in Hamburg, einen der monatlichen Workshops der No-more-Mr-Nice-Guy-Blase und die größte Männerkonferenz Europas in Berlin.

Erschüttert wurde ich bei der MannSein-Konferenz von dem hier sehr weit verbreiteten Stereotypen von Männlichkeit: Kämpfen, Rumschreien (Haka), Eisbaden, Führen. Natürlich gab es auch andere Energien, aber die bekamen nicht viel Platz. Die esoterischen Ränder schön. Dort fiel eine Gruppe junger Kerle auf, die auf dicken Max machten (wie man früher sagte), Halbstarke, die sehr gut – so meine Intuition – aus dem Knast kommen konnten und nun ihre Erfüllung darin sahen, die Welt „penetrieren“ zu wollen, wie sie es lautstark in den Saal stellten. Was für eine abgefuckte Scheiße. Sagte aber keiner was. Und ich verpasste die Gelegenheit. Denn Männer, die die Welt penetrieren, gibt es schon genug, toxische Arschgeigen wie Putin, Trump & Co.

Das andere Schlüsselerlebnis schockierte mich aber noch mehr. Ein junger Mann um die 30, der nach Selbstauskunft in der Krise steckte (und wohl kroatische Wurzeln hatte) wollte mir eine Diskussion darüber aufzwingen, dass die „Gleichgeschlechtliche Ehe“ seine Sicherheit, seine Zukunft, sein Was-weiß-ich bedrohen würde. Ich verstehe so etwas nicht, auch akustisch nicht, irgendwas klappt da bei mir zu, sodass ich seine Argumentation nicht wiedergeben kann. Aber wie kennen die: bestimmte Männer behaupten, Transpersonen, gleichgeschlechtliche Ehe, Feminismus und Emanzipation würde den Zusammenhalt, die inneren Werte und ihr persönliches Leben zu zerstören.

Mit diesen Leuten, das kann jeder selbst ausprobieren, ist keine Diskussion möglich. Sie leben in einer Art Wahn, dessen Wurzeln bis tief in einer verletzte Kindheit zurückreichen. Solche Leute bevölkern die sogenannte Mannosphäre!

Was ist die Mannosphäre/Manoshere?

Sie geben sich als Verteidiger „wahrer Männlichkeit“ aus – doch die Mannosphäre ist ein Netzwerk aus Frust, Frauenhass und falschen Helden. In Blogs, Foren und Podcasts stacheln Männer sich gegenseitig auf. Gegen Frauen. Gegen Emanzipation. Gegen alles, was nicht in ihr Weltbild passt.

Doch es bleibt nicht bei Sprüchen. Rechte Parteien wie die AfD in Deutschland oder christlich-nationalistische Stimmen wie Charlie Kirk in den USA greifen die Ideologie der Manosphäre auf – und machen daraus Politik. Die ARD-Doku „Shut Up, Bitch!“ zeigt, wie aus digitalen Phrasen reale Gewalt werden kann.

Die Manosphäre ist ein loses Netz aus Online-Gruppen, YouTube-Kanälen, Subreddits und Blogs. Dort sprechen Männer über ihre „Benachteiligung“ – und machen Frauen dafür verantwortlich. Sie sehen sich als Opfer des Feminismus. Und als letzte Verteidiger „echter Männlichkeit“.

Die Inhalte sind radikal, frauenfeindlich, oft verschwörungsgläubig. Es geht um Macht, Kontrolle, „wahre“ Rollenbilder. Viele Beiträge propagieren das Ende des „modernen Mannes“ – und rufen zur Rückkehr zu Autorität, Disziplin und Dominanz auf.

Vom MGTOW zum Incel – die Gruppen der Mannosphäre

Innerhalb dieser Blase gibt es verschiedene Strömungen:

  • MGTOW („Men Going Their Own Way“)
    Männer, die sich bewusst von Frauen trennen – aus Wut, nicht aus Gleichgültigkeit.
  • Incels („Involuntary Celibates“)
    Männer, die unfreiwillig keinen Sex haben und Frauen dafür hassen. Einige bejubeln Gewalt.
  • Pickup Artists (PUAs)
    Männer, die Frauen mit Tricks „verführen“ wollen. Psychologisch oft fragwürdig. Ethik? Fehlanzeige.
  • Red Piller
    Eine Community, die glaubt, „die Wahrheit“ über Frauen und Macht erkannt zu haben. Mit Pseudowissenschaft, Biologismus und reichlich Zynismus.

Was sie eint: Ein geschlossenes Weltbild, in dem Frauen keine Subjekte, keine Menschen sind, wie sie selbst – sondern Probleme, die gemanged werden müssen.

Rechte Politik und Mannosphäre – eine gefährliche Allianz

Was in dunklen Ecken des Internets beginnt, landet heute in Parlamenten. Die AfD übernimmt Inhalte der Mannosphäre: Sie warnt vor „Gender-Ideologie“, verächtlicht feministische Debatten und erzählt das Märchen vom „entmannten Deutschen“.

In den USA nutzt Charlie Kirk, Gründer von Turning Point USA, ähnliche Narrative. Unter dem Deckmantel christlicher Werte propagiert er traditionelle Rollenbilder – oft mit frauenfeindlichem Unterton. Seine Sprache ähnelt der Mannosphäre: anti-feministisch, identitär, toxisch.

Diese Allianz macht aus Unsicherheit politische Munition. Männer werden gegen Gleichberechtigung in Stellung gebracht – im Namen von Tradition, „Natur“ und „Moral“.

„Shut Up, Bitch!“ – die ARD-Doku zeigt, was wirklich passiert

Die Doku „Shut Up, Bitch!“ wirft einen klaren Blick in die Abgründe der Mannosphäre. Sie zeigt: Die Szene rekrutiert junge Männer, oft über Social Media. Algorithmen verstärken Frust und Einsamkeit. Die Inhalte liefern die Antwort – und das Feindbild: Frauen.

Die Doku lässt Betroffene zu Wort kommen – Männer, die ausgestiegen sind. Frauen, die bedroht wurden. Und Expertinnen, die das Phänomen einordnen. Der Tenor: Die Mannosphäre ist keine Randnotiz. Sie ist eine Ideologie. Und sie wird gefährlich, wenn wir sie ignorieren.

Die wahre Stärke liegt woanders

Die Mannosphäreist kein Männerstammtisch. Sie ist ein System aus Angst, Hass und Machtfantasien. Und sie trifft auf fruchtbaren Boden: Unsicherheit, Orientierungsverlust, verletzte Egos. Wer da keine Alternative kennt, driftet ab.

Die Antwort? Nicht Gegengewalt. Sondern Aufklärung, klare Haltung – und echte Vorbilder. Männlichkeit braucht kein Feindbild. Sie braucht Selbstreflexion, Respekt und emotionale Intelligenz. Die wahre Stärke liegt nicht im Angriff – sondern in der Fähigkeit, sich zu hinterfragen.


FAQs

Was genau versteht man unter der Mannosphäre?

Die Mannosphäre ist ein Sammelbegriff für Online-Communities, in denen Männer über Männlichkeit, Dating und Geschlechterrollen sprechen – oft mit antifeministischer Haltung.

Ist die Mannosphäre immer rechtsradikal?

Nicht immer, aber oft. Viele Narrative überschneiden sich mit rechter Ideologie, Nationalismus und Verschwörungstheorien.

Was hat die AfD damit zu tun?

Die AfD nutzt Begriffe und Bilder aus der Mannosphäre, um antifeministische Politik zu legitimieren – etwa in Debatten über Gender, Familie oder Erziehung.

Und Charlie Kirk?

Charlie Kirk griff ähnliche Rhetorik auf – christlich-national, patriarchal, antifeministisch. Damit spricht er gezielt verunsicherte junge Männer an.

Wie schützt man Jugendliche davor?

Mit Aufklärung, Gesprächen und Medienkompetenz. Wer versteht, wie Radikalisierung funktioniert, ist weniger anfällig für die Mechanismen der Mannosphäre.

Shut Up, Bitch! Der Kampf um Männlichkeit: Willkommen in der Mannosphäre | SWR Doku

Shut Up, Bitch!-Doku in YouTube

Podcast-Tipp zum Thema

=> Männlichkeitsbilder und Rechtsruck

Deutschlandfunk Nova: Manosphere – Warum zieht Frauenhass im Netz so?

Podcast: Kurz und Heute – Deutschlandfunk Nova vom 04.09.2025
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Papalapapi

Ich heiße Mark und bin Vater einer wundervollen Tochter. Papalapapi Vaterblogger, Elternblogger und Männerblogger beschäftigt sich mit Themen rund ums Kinderhaben und Mannsein aus einer subjektiven männlichen und vor allem väterlichen Sicht.

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