Gelingende Beziehungen – zum Tode des brillanten Familiencoaches Jesper Juul

Jesper Juul

Der wundervolle Familientherapeut JESPER JUUL ist nach langer, schwerer Krankheit am 25. Juli 2019 verstorben. Wie kein Zweiter verfügt er über einen riesigen Erfahrungsschatz und eine feine Intuition. Ebenfalls wie kein Zweiter verstand er die Mechanismen der Macht zwischen den Menschen, in den Familien und in der Erziehung, und klärte diese Dinge klar und einleuchtend auf.

Er hinterlässt ein großes Werk, das uns noch für viele Jahrzehnte bereichern wird. Und er hat ein Wort geprägt, einen wunderschönen Begriff, nämlich den der Gleichwürdigkeit. Ich persönlich hatte durch sein Buch Liebende bleiben über den Verlag persönlichen Kontakt zu ihm. Da war er schon durch seine Krankheit stark eingeschränkt. Einige Jahre zuvor erlebte ich ihn Live im Hamburger Thalia-Theater in einen Brigitte-Gespräch. Kurz danach, im Dezember 2012 erkrankte Jesper tragisch an Transverse Myelitis.

Sein letztes Buch Vom Gehorsam zur Verantwortung – Für eine neue Erziehungskultur schrieb er zusammen mit der Psychologin und Familientherapeutin Helle Jensen vom „Deutsch-Dänischen Institut für Familientherapie und Beratung“. Es ist gleichsam sein Vermächnis, denn es ist auch in diesem Buch alles drin, was diesen Familiencoach so groß macht und auszeichnet. Er besteht jederzeit auf Beziehung, auf Bindung und Verantwortung, aber auch auf Sensibiltät, Loslassen und auf Lernen. Alle lernen, niemand ist perfekt, genau, es geht um eine neue „Erziehungskultur“. Wobei es im weniger um Erziehung ging, sondern um Beziehung.

Jesper Juuls letzte Arbeit: Die Neuauflage des Buchs „Vom Gehorsam zur Verantwortung“

Cover: Vom Gehorsam zur Verantwortung - Für eine neue Erziehungskultur Das Buch erscheint als Neuauflage und richtet sich nicht nur an Eltern, sondern offenbar vor allem an Lehrer und Lehrerinnen. Das ist bei diesem Thema auch folgerichtig. Ich selbst habe zunächst einen anderen Fokus und stolpere über das Kapitel „Zur Definition der Beziehungskompetenz“. Was zunächst als Fachsache daherkommt, ist bei Jesper Juul immer allgemeinverständlich und knallhart an der Realität der Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen, also Eltern und LehrerInnen.

Beim Thema der Beziehungskompetenz von Kindern gehen die Autoren einen weiten Weg. Von der Bindungsforschung über Resilienz und Verletzlichkeit bis hin zur „beziehungsorientierter Sprache“. Wie gesagt, ist das alles sehr gut zu lesen und für jeden Erwachsenen verständlich und strukturiert aufbereitet. Wir lernen. Lernen ist neben dieser Beziehungskompetenz ebenfalls etwas, das Jesper immer wieder hervorhebt.

Aber das Buch geht natürlich weit darüber hinaus. Es beinhaltet Schaubilder mit denen die Themen „Konsequenzen und Respekt“ bzw. Konsequenzen/Strafen dargestellt werden (Seite 169). Es wird aber auch „anerkennende und wertende Kommunikation“ besprochen. Ein reichhaltiges Buch mit sehr vielen Beispielen aus der Praxis. Ich würde so gerne Zitate an dieser anbringen, aber derer sind so viele und die Antworten im Buch würden den Rahmen hier sprengen. Es werden Gespräche über existentielle Themen, wie über den Tod dargelegt. Es werden Konfliktfälle besprochen und sehr, sehr gute Dialoge von erfahrenen Beratern, den Autoren des Buchs, abgebildet. Immer wieder beeindruckt die Konflikfähigkeit, das Aushalten, die Klugheit, aber vor allem das Einfühlungsvermögen und die authentische Haltung und Sprache der „Therapeuten“ und Lehrer.

Es ist ohne jeden Zweifel ein wertvolles Buch für Lehrer. Wie es auf dem Coder steht. Aber ganz sicher auch eins für uns Eltern. Gerade die Sache mit der Schule ist ein großes Thema, dass unsere Aufmerksamkeit und unsere Kraft braucht. Gut, dass Jesper Juul diese viele Arbeit gemacht hat. Wir brauchen dringend Leute, wie ihn. Ohne ihn nun, müssen andere die Arbeit vorführen, wie zum beispielsweise Helle Jensen oder das Team vom FAMILYLAB, die mit Jesper zusammenarbeiteten und aufs engste verbunden waren.

Inhaltsverzeichnis

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Wie Gleichwürdigkeit in der Schule gelingt. Für Lehrer und Eltern

Mit Kindern bedürfnis- und beziehungsorientiert umgehen, das geht nicht nur zu Hause, sondern auch in der Schule. In der neu übersetzten und komplett aktualisierten Neuausgabe ihres Longsellers vermitteln Jesper Juul und Helle Jensen ein Mehr an Beziehungskompetenz. »Konsequente Machtausübung« ist oft das einzige Mittel, das Lehrern und Eltern einfällt, wenn sie in Konflikten mit Kindern nicht weiter wissen. Das Resultat: Kinder gehorchen aus Angst. Aber es geht auch anders. Wer Wege sucht, Kinder als eigenverantwortliche Menschen zu stärken, findet in diesem Buch eine Fülle von Anregungen.
Anhand neuester Erkenntnisse aus Hirnforschung und Psychologie zeigt das Autorenteam, wie Bindung und Bildung in Freiheit und Gleichwürdigkeit aussehen und was Verantwortung in der Schule bedeutet. Zahlreiche Tipps und Praxisbeispiele, die unter Mitarbeit der Psychologin und Supervisorin Robin Menges auf die Verhältnisse an Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz angepasst wurden, vermitteln Lösungen für herausfordernde Situationen, die jeder Pädagoge, aber auch jedes Elternteil kennt.

Leseprobe Vom Gehorsam zur Verantwortung

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Jesper Juul, Familientherapeut

*18. April 1948 – †25. Juli 2019
in tiefer Verehrung

Links zum Tode von Jesper Juul

Foto: Lucarelli, Jesper Juul (2010). © CC BY-SA 3.0. Das Bild wurde gedreht, so dass Jesper Juul nach Rechts schaut und oben und unten beschnitten, so dass es in den Blog passt.

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