Es gibt da ein Projekt, ein Dokumentarfilm-Projekt, das nennt sich „Endstation Kindeswohl“ des Filmemachers Andreas Wunderlich. Ein tolles Projekt und eine wichtige Sache – denn so etwas gibt es in dieser Form noch nicht. Alle Zeichen stehen auf Wechselmodell, doch die Familiengerichtsbarkeit in Deutschland hält weiter fest an einem untauglichen, diskriminierenden, ungerechten und vor allem ungerechtfertigten, den Trennungskindern nicht zuträglichen Residenzmodell, das in der Regel die Mutter bevorzugt und die Mutterbindung glorifiziert. Es ist ein Filmprojekt, dass hoffentlich bald realisiert werden wird.
Die Film-Produktion ist auf Spenden angewiesen und sucht Protagonisten, wie erwachsene Trennungskinder, Verfahrensbeistände, Richter. Ein tolles Projekt, dass sehr vielen Kindern, aber auch Eltern, uns Vätern helfen könnte. Das Wechselmodell wird über kurz oder lang eh eingeführt werden, da es nun mal die beste Lösung für alle und natürlich für die Trennungskinder ist.
Selbst die extrem konservative CSU spricht sich mittlerweile für ein Wechselmodell aus, wie wir bei der Vorsitzenden der Familienkommission und Landtagsabgeordnete Kerstin Schreyer-Stäblein lesen: Gemeinsame Erziehung der Kinder auch nach der Scheidung.
Meines Erachtens liegt diese unhaltbare Familienrechtsgebung nicht primär an den Politikern. Es ist handelt sich um eine Rechtsprechung, die auf angeblichen Erkenntnissen der Psychologie und Pädagogik beruht. Hier muss der Ansatz sein: Überzeugungen. Ganz abgesehen davon, dass die Familienrechtsanwälte gar kein Interesse an einer Entschärfung der Sachlage haben. Aber lassen wir die Wissenschaftlerin, Hochschulprofessorin, Juristin und Fachbuchautorin Prof. Dr. jur. Hildegund Sünderhauf zu Wort kommen:
Prof. Dr. jur. Hildegund Sünderhauf, ehemalige Scheidungsanwältin, Wissenschaftlerin und Autorin des 900-seitigen wissenschaftlichen Fachbuchs Wechselmodell: Psychologie – Recht – Praxis (2013), referierte am 21.11.2013 im Rahmen des 4. Bundeskongresses „Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Sorgerechts- und Umgangsverfahren“ am OLG Dresden über den internationalen Stand der Forschung zum Thema Wechselmodell (auch „Doppelresidenz“), dem für Kinder grundsätzlich entspanntesten Betreuungsmodell nach Trennung und Scheidung ihrer Eltern.
Die Kameraaufzeichnung erfolgte im Rahmen der Recherche- und Dreharbeiten zu dem Dokumentarfilm „Endstation Kindeswohl“ (www.endstation-kindeswohl.de) und darf nicht – auch nicht auszugsweise – in anderen Filmen verwendet werden.
Der Kernsatz von Prof. Dr. jur. Hildegund Sünderhauf, die wir auch zum Thema Scheidungskinder auf ZEIT online lesen: „Es liegen von 1977 bis 2012 rund 45 internationale qualitative und quantitative empirische Studien zu den Auswirkungen des Wechselmodells auf Eltern und Kinder vor. Die ganz überwiegende Mehrheit kommt zu deutlich positiven Ergebnissen. Die meisten Studien sind aus den USA, viele aus Australien (seit 2006 Wechselmodell) und einige aus europäischen Ländern … insbesondere aus Skandinavien, den Niederlanden, Belgien, Großbritanien, aber keine aus Deutschland. Es gibt hier keine psychologische Forschung.“
Man muss sich das einmal auf der Zunge und im Ohr zergehen lassen: Da wird in Deutschland – und Österreich – seit Jahrzehnten das sogenannte Residenzmodell meist gegen die Väter und das angebliche Kindeswohl durchgesetzt, aber es gibt keine wissenschaftliche Grundlage dazu, weil es keine „psychologische Forschung“ dazu gibt. Dennoch behaupten einige wenige Psychologen und Gutachter, dass das Residenzmodell das beste für Trennungskinder wäre, können aber nicht einen einzigen Beleg, keine Studie, keinen Nachweis dafür erbringen. Natürlich nicht, denn es ist ein Relikt, es ist ein ideologisches Relikt aus dem 19. Jahrhundert, das die Mutter-Kind-Beziehung verklärt und … mystifiziert.
Die Mystifizierung des Kindeswohls durch die Juristen
„Mystifizieren“ bedeutet, dass man einer Sache „ein geheimnisvolles, undurchschaubares Gepräge“ gibt. Genau das geschieht im deutschen Familienrecht. Da in den Gesetzen nirgends steht, dass die Mutterbindung zu bevorzugen sei und man das Residenzmodell mit einer 2/3 (Mutter) zu 1/3 (Vater) zu installieren habe, fragt man sich, wie die Gerichte – und Rechtsanwälte – zu dieser nicht begründbaren Standard-Regelung gekommen sind. Oberlandesgericht, wie wir im Video erfahren. Aber wie kann es sein, dass ein Oberlandesgericht ohne Not und ohne eindeutige Forschungsergebnisse, ohne Boden also, willkürlich ein solches Residenzmodell Kindern und Vätern aufzwingt? Wenn man die Sache durchdenkt, kann es nur ideologische Gründe haben, die sich aus dem Erziehungsstil und den gesellschaftlichen Bedingungen, denen die Richter entstammen, herleiten. Mit der konkreten Realität heutzutage hat das rein gar nichts mehr zu tun.
Das schlimmste aber ist, dass man die Kinder gar nicht fragt. Gut, 3 Jährige sind hier kaum zu befragen, das ist klar. Aber ab wann darf ein Kind Einfluss auf sein Schicksal nehmen? Im Video sehen wir, dass die langfristigen nachteiligen Folgen des Residenzmodells mit einer Metastudie belegt werden. Auch Jesper Juul und viele, viele andere Familientherapeuten, Psychologen, Soziologen, Politiker und Jursiten auf der ganzen Welt wissen – sie WISSEN es und können es belegen – dass das sogenannte Wechselmodell das einzig richtig ist. Nur eben die sehr rückständige und offenbar ideologisch verblendete deutsche Familiengerichtsbarkeit nicht. Ist das der Hauptgrund, weshalb Familienrichter hierzulande keinen Beschluss fassen mögen und alles daran setzen, eine Einigung der Eltern zu erzielen? Wohlgemerkt immer mit dem unausgesprochenen Druck gegen den Vater im Hintergrund, dass er das Wechselmodell nicht erreichen kann und er, falls er nicht kooperiert, um sein Sorgerecht fürchten muss. Ein Elend ist das, ohne Worte.
Was würde man für Ressourcen sparen bei einem Wechselmodell? Gut, viele Psychologen, Rechtsanwälte, Berater und Therpeuten wären lohndes Klientel los, da ganze Familien durch die Streitigkeiten um das Kindeswohl und die beste Umgangsregelung vor die Hunde gehen und samt Kindern beratern, pädagogisiert, justizitiert und therapiert werden müssen. Aber so klug scheint Staat und Gesetzgeber nicht zu sein. Warum nicht? Niemand weiß das, denn es gibt keine Erklärung, wenn man nicht böswillig Lobbyarbeit der Rechtsanwaltskammern unterstellen möchte. Weshalb kann man überhaupt die Familienrechtsanwälte nicht für mangelnde Moral und unethischen Verhalten belangen? Ich könnte gleich drei von denen an dern Haaren vor die Kammer ziehen, da sie nicht nur unbescholtenen Vätern, sondern auch deren Kindern massiv und nachweisbar schaden.
Also, weshalb werden Kinder nicht ab 5 Jahren gefragt, wie sie die Sache sehen? Sie werden in den meisten Fällen genau das sagen, was die Forschung erst teuer und mühsam zusammen klabüstern muss: 50% Mama, 50% Papa. Sie wollen Gerechtigkeit für alle, zwischen den Eltern und für sich. Aber auf sie hört, wenn die Mutter es nicht will, niemand. Und das ist schon der Kern der Aussage: Wenn die Mutter es nicht will, passiert gar nichts. Dann darf sich ein engagierter Vater sogar noch freuen, wenn er alle 14 Tage sein Kind am Wochenende bespaßen darf. Was für eine Katastrophe, was für eine grausame Verlogenheit, was für eine Schande, was für ein Wahnsinn. Denn alle werden beschädigt – nur die Rechtsanwälte bauen sich ihr Häuschen am See. Man sollte diese Leute gar nicht erst zu einem Umgangsstreit zulassen, dann allein schon gäbe es viel weniger Probleme für die Kinder.
Nein, das Residenzmodell ist mit dem gesunden Menschenverstand nicht zu erfassen, es schadet den Kindern nachhaltig und den Vätern massiv. Am Ende auch den Müttern, die das erzwingen. Warum fragt man nicht die erwachsenen Scheidungskinder, die einer solchen Ungerechtigkeit entstammen? Oder Jugendliche, die darin leben müssen. Also, warum fragt man nicht Betroffene, was sie sich gewünscht hätten? Ich bin ganz sicher: Hier würde man zu so klaren und unzweifelhaften Ergebnissen kommen, dass sich sehr viele Juristen und Psychologen in Grund und Boden schämen müssten und Angst um ihr eigenes Seelenheil bekämen, sollte ihnen dereinst die letzte Stunde geschlagen haben und sie endlich ihr Gewissen befragen müssen. Denn die Zeiten haben sich geändert. Wir haben neue Väter, neue Männer, die ich für ihre Kinder unbedingt und auch im Alltag engagieren wollen. Und es kann überhaupt keinen Zweifel daran geben, dass das den Kindern hilft, sie bereichert und ihnen ermöglicht, gute Rollenvorbilder zu haben und stabile Beziehungen zu allen wichtigen Menschen angstfrei gestalten zu können. Aber die Schäden, die das Residenzmodell bei Kinder und Väter immer noch anrichtet, tauchen bisher in keiner Statistik auf. Ja, wie wir hier erfahren, wird gar wissenschaftlich gar nicht gefragt, was das Beste für die Kinder ist. Es wird ihnen einfach um die Ohren geschlagen.-
Die Forschung zum Wechselmodell
Frau Prof. Dr. jur. Hildegund Sünderhauf sagt weiter, dass die Forschung zeige, dass Kinder im Wechselmodell die gleiche Eltern-Kind-Bindung zeigen, wie in „intakten Familien“. Im Gegensatz zu denen im Residenzmodell, die hier – und nicht nur hier, das sagt uns schon der gesunde Menschenverstand – offenbar im Nachteil sind.
Hier der im Video genannten Aufsatz Prof. Dr. Hildegund Sünderhauf: Vorurteile gegen das Wechselmodell: Was stimmt, was nicht? – Argumente in der Rechtsprechung und Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung
Die Rechtsprofessorin räumt in ihrem Beitrag glasklar und eindeutig mit den unbelegten Argumenten auf, die immer wieder gegen ein Wechselmodell ins Feld geführt werden. Selbst wenn man, wie in meinem persönlichen Fall wenn man es eng sieht, von einem „hohen Konfliktniveau zwischen den Eltern“ sprechen kann, spricht das nicht gegen das Wechselmodell. Genau andersherum ist es: „Die höchste Konfliktbelastung haben Familien mit „mittlerer Besuchsfrequenz“ (Residenzmodell), sagt eine Metaanalyse von Bausermann (2002).
Arnold Retzer, Arzt, Psychologe, Lehrtherapeut, sagte in der 3Sat-Sendung SCOBEL: Trennung – und was dann?: „Mit dem Kindeswohl bin ich so ein Bisschen auf Kriegsfuß. Es gibt auch so was, wie eine Kindeswohl-Mystifizierung. Alle reden vom Kindeswohl, dabei ist es so, dass die Kinder kein Elternteil verlieren. Ein Ehepaarteil verliert aber ein Ehepaarteil. Es ändert sich möglicherweise nur die Organisationsform. Diese Kindeswohl-Mystifizierung führt häufig dazu, dass Eltern nicht die Verantwortung übernehmen, für das, was jetzt geschieht und klare Informationen darüber geben, was jetzt geschieht, was ist. Ich bin oftmals erstaunt darüber – immer noch! – wie gut Kinder mit klaren Informationen zurechtkommen.“
Hören wir nich einmal was der sehr erfahrene Familientherapeut Jesper Juul (Dänemark) zu der Sache sagt: „Sind Mütter wichtiger als Väter? Nein. Wir haben Tonnen von Forschung, die sagt, dass alleinerziehende Väter es genauso gut machen wie alleinerziehende Mütter. Wir haben ganz neue Forschung – na, zehn Jahre alt – wo wir feststellen können, dass wenn Babys beide Eltern zur Verfügung haben, dann wollen die beide. Und nicht lieber Mutter oder so. Es ist eine alte Mythe in der Psychologie ‚für Babys sind Mütter das Wichtigste.‘ Das stimmt nicht.“
Mehr zum Projekt „Endstation Kindeswohl“:
www.endstation-kindeswohl.de
Titelbild: „Family Portrait“ Bestimmte Rechte vorbehalten by Jake Stimpson
2 Kommentare
Sehr hilfreich… Mein Kampf geht gerade los…
Bleib tapfer, stark. Denk langfristig und hole dir sehr gute Beratung. Informiere dich, vernetze dich, habe Hoffnung!