Brillanter Buchtipp: Das Leben ist hart, aber ungerecht

F*ck Feelings - Fuck Gerechtigkeit

Das zu bekommen, was man verdient, ist – trotz der häufig übertriebenen Vorstellung davon – ein nachvollziehbares Ziel, aber nur für jemanden unter sieben. Kinder benutzen Fairness oft als Hauptargument sowohl dafür, zu bekommen, was sie wollen, als auch dafür, zu vermeiden, was sie nicht wollen, und das ist der Grund, weshalb ihre Diskussionen so oft in Tränen enden. Sind Eltern die zuständige Autorität, können sie den Kindern einfach erklären, dass das Leben nicht fair ist. Wenn Erwachsene andere Erwachsene beschuldigen, sich unfair zu verhalten, sind die daraus resultierenden Gemeinheiten im Allgemeinen sehr viel schlimmer als ein Time-out.

Ein rechtschaffener Streik für faire Löhne kann schnell dazu führen, dass Sie auf der Straße sitzen, Ihren Partner dazu zu bringen, Ihre Position zu verstehen, kann Ihnen eine kalte Schulter und wochenlange Paartherapie einbringen. Die Leidenschaft, mit der Sie bekommen wollen, was Sie verdienen, sollte Sie warnen, dass dies ein gefährlicher Wunsch ist, und Sie zwingen, zweimal darüber nachzudenken, bevor Sie dies zu Ihrem Ziel und Ihrer Mission machen. Sollten Sie also nicht weitergekommen sein, wenn Sie mit aller Macht für Ihre Sache eingetreten sind, beschäftigen Sie sich einmal mit den Leuten, die Ihnen im Weg stehen. Fast immer finden Sie dann heraus, dass deren Worte und Taten Werte widerspiegeln, die sich nicht ändern werden und die diesen Menschen nicht erlauben, mit Ihnen darin übereinzustimmen, was gerecht ist. Wenn Sie nun argumentieren, dass Ihre Vorstellungen von Gerechtigkeit moralisch stärker ins Gewicht fallen als die der anderen, müssen Sie mit einer ähnlichen Reaktion rechnen. Und letztlich wird man Sie umso erbitterter hassen, je mehr Sie im Recht sind.

Sparen Sie sich also den Wutanfall, schaden Sie nicht Ihrem Anliegen und finden Sie heraus, ob es möglich ist, mittels anderer Anreize als Schuld und Gerechtigkeit einen Kompromiss zu finden. Falls dies nicht möglich ist, müssen Sie das Gefühl aushalten, unfair behandelt worden zu sein. Klar, diese Variante fühlt sich besonders fies an, aber als Erwachsene können wir akzeptieren, dass das Leben eben manchmal so ist. Das Leben bietet keine Garantie dafür, nicht über den Tisch gezogen zu werden, doch Sie können ein guter, realistischer Händler auf einem ungerechten, chaotischen Markt sein, wenn Sie davon ausgehen, dass niemand die Dinge notwendigerweise so sieht wie Sie, egal, wie offensichtlich Ihnen Ihre Wahrheit erscheint, und dass es ein glücklicher Zufall ist, zu bekommen, was Ihnen zusteht, und nicht Ihr Recht. Was Ihnen niemand nehmen kann, ist, dass Sie innehalten, um sich neu zu sortieren, und dann das Beste aus einem schlechten Geschäft machen. Häufig wird unfaire Behandlung weitergereicht: Oftmals fühlt derjenige, der Sie ungerecht behandelt, sich selbst unter Druck, muss schwere Entscheidungen treffen und Sie um etwas bitten und bekommt selbst weniger Verständnis, als er verdient. Es sollte ein chinesisches Sprichwort geben, das besagt, dass derjenige, der am meisten austeilt, das Gefühl hat, am meisten einzustecken. Vielleicht sind Sie im Recht und haben einen guten Grund, sich schlecht behandelt zu fühlen, doch solange Ihr Gegenüber die Situation aus seinem Blickwinkel sieht – und die eigene moralische Überzeugung scheint der anderer Leute immer überlegen zu sein – werden Sie nicht gewinnen. Über Gerechtigkeit zu diskutieren kann außerdem schlechte Gefühle und einen Teufelskreis der Gemeinheiten auslösen, bei dem jeder etwas abbekommt, die Schwachen mehr als die Starken. Wenn Sie wissen, dass es Ihnen nicht gelingen wird, den anderen – Ihren Chef, Ihre Frau, Ihren Kollegen – von Ihrer Sichtweise zu überzeugen, halten Sie den Mund und denken Sie nach. Hören Sie auf, neue Argumente zu suchen, die untermauern, dass Sie recht haben, auch wenn Ihre Schlagfertigkeit sich dadurch verbessert. Bügeln Sie stattdessen die Unstimmigkeiten aus, indem Sie Möglichkeiten finden, das Recht des anderen anzuerkennen, seine eigene Sicht auf die Dinge zu haben. Egal, wie Sie sich fühlen, unterstellen Sie nicht, dass sich in dem Standpunkt des anderen Selbstsüchtigkeit, Faulheit oder andere schlechte Eigenschaften spiegeln. Verweisen Sie auf gute Eigenschaften, die, zumindest theoretisch, seine Motivation sein können, damit derjenige nicht länger beweisen muss, dass er recht hat und Sie nicht. Sie haben schlicht und einfach verschiedene Herangehensweisen.

An diesem Punkt gibt es unter Umständen andere Beweggründe, die Sie für eine Übereinkunft nutzen können. Der Chef, der Ihren Einsatz ignoriert und nur Ihre Fehler sieht, denkt vielleicht noch einmal darüber nach, wenn Sie ihm erzählen, wie sehr Sie die Arbeit mögen, seine Unterstützung schätzen und subtil darauf hinweisen, wie gerne Sie trotz des steigenden Marktwerts für Menschen mit Ihren Qualifikationen – wie zudem ein externes Jobangebot beweist – in seinem Unternehmen bleiben.

Gibt es keine Möglichkeit, zu einem Einverständnis zu kommen, distanzieren Sie sich von Diskussionen und überlegen Sie, ob Sie sich Ihres Standpunkts so sicher sind, dass Sie keine Bestätigung dafür brauchen. Ist das der Fall, fragen Sie sich, was Sie mit dieser Tatsache anfangen wollen. Möglicherweise ist es an der Zeit, sich – ohne Streit – nach einem besseren Job umzusehen, Ihren Partner vor die Wahl zu stellen, sich zu verändern oder alleine dazustehen, oder Druck von Freunden oder Familienmitgliedern abzuwehren, indem Sie ganz einfach sagen, dass Sie nicht ihrer Meinung sind und das Thema dann fallen lassen. An die eigenen Standards für eine faire Behandlung zu glauben erlaubt Ihnen, Grenzen zu setzen und unabhängig zu handeln, auch wenn Sie keine Chance sehen, dass diese Standards erfüllt werden.

Zusammenfassung:

  • Erkennen Sie, wann Ihre Vorstellungen von Gerechtigkeit für andere eine Bedrohung darstellen
  • Schwächen Sie diese Bedrohung ab, indem Sie ehrliche, wenn auch begrenzte moralische Zustimmung verteilen wie Dünger
  • Akzeptieren Sie Deals auf der Basis dessen, was Sie anbieten können, ohne zu berücksichtigen, was im Allgemeinen als angemessen gilt
  • Fühlen Sie sich nie unterlegen dadurch, dass es Ihnen nicht gelingt Gerechtigkeit für sich und andere durchzusetzen
  • Hören Sie niemals auf, in dem winzigen Teil der Welt, auf den Einfluss haben, Gerechtigkeit durchzusetzen

Auszug Kapitel 3 „Das Leben ist hart, aber ungerecht“ aus F*ck Feelings – Das Leben ist hart, sei härter: Der erste gnadenlos realistische Ratgeber für alle unlösbaren Probleme von Dr. Michael I. Bennett und Sarah Bennett

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