Klassentreffen 1.0 Kritik – Die Schweiger-Schwarte über alternde Männer

Klassentreffen 1.0 Trailer-Ausschnit mit Milan Peschel auf Youtube

Til Schweiger spielt einen alternden DJ, der seinen Gruppies durchnudelt, bis die sich kloppen. Zickenkrieg. Schweiger hat ja nicht sooo viele Möglichkeiten zu spielen, aber die Rolle ist Glaubwürdig. Er ist 55 und will endlich von diesem Groupie-Gevögel runterkommen, da er sich gerade in eine total Liebe attraktive Frau verliebt hat, die eine 17-jährige Tochter hat, die dem DJ nicht traut und Angst davor hat, dass „Thomas“ als elender Herzensbrecher ihre Mutter verletzt. Sie mischt sich ein und erzwingt die Mitfahrt zum erweiterten Wochenenden der drei Silberrücken, die zum 30-jährigen Klassentreffen aufbrechen und es in einem feinen Hotel so richtig krachen lassen. Der erfolgreiche DJ zahlt alles.

Klassentreffen 1.0 Trailer

Keine Ahnung, ob man mit Mitt 50 schon zu den Silberrücken gehört. Doch wie gewohnt feiert Schweiger in seinen Filmen Allgemeinpläzte und Plattitüden ab. Ich zähle mal auf: Mitlifekrises (die es nicht gibt), Hämorrhoiden, anale Untersuchungen, Scheidung, Haarausfall, Potenzprobleme und … keine Ahnung. Da ich derselbe Jahrgang bin wie Schweiger, kenne ich mich aus und kann das alles nicht bestätigen.

Klassentreffen 1.0 kommt gut an beim Publikum, dass über Schweigers Analhumor besonders laut lachen kann. Sagt man doch den deutschen nach, dass sie am Liebsten über Anales lachen. Also Pupsen, Hämorrhoiden, Hundescheiße und alles mit Arsch. Natürlich gibt es auch lustige Szenen, die aus meiner Sicht etwas mit Sprache und Dialog zu tun haben. Doch der Streifen ist aufgeladen mit Slapstick. Da fliegt die dicke ehemalige Klassenkameradin durchs Buffet, endet die verzweifelte Stalkerin kopfüber baumelnd am Kran, kotzen sich die Teenies nach einem Gelage die Seele aus dem Leib. Nur die Mütter, auch wenn sie sich einen beknackten jüngeren Liebhaber geangelt haben, bleiben unberührbar, edel, wunderbar.

Völlig absurd die Szene in der Sauna. Die Silberrücken gönnen sich im Hotel, bevor sie auf Piste gehen, noch eine Runde Fitness. Keine Ahnung, wer so was macht, wenn man es nicht gewohnt ist, aber diese Szene ist komplett konstruiert. Jedenfalls klemmt sich ein Silberrücken seinen Hodensack zwischen den Sitzbrettern in der Sauna ein, so dass er nicht mehr aufstehen kann. Seine Eier müssen eingeölt werden, damit er wieder heraus kommt. Krasse Szene, aber vollkommen absurd. Da ist das Gegeier im Fitnessbereich schon realistischer, wenn eine attraktive junge Sportlerin begafft und angemacht wird. So geht es weiter.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger habe ich Lust, den Film zu beschreiben oder mich damit zu beschäftigen. Das transportierte Männerbild ist ein Offenbarungseid, ist am Ende der Untergang von Männlichkeit. Manche Männer sind so, wie im Film dargestellt, an jedem Klischee mag etwas Wahres dran sein. Und manche Szene oder Figur erinnert mich auch an reale Begegnungen. Der Film geht ja los mit dem Gepoppe, nämlich dass DJ-Schweiger ein Groupie nagelt. Natürlich mögen alternde Männer jenseits der 50 junge Frauen, die noch toll aussehen. Ende 20, um die 30, mit samtener, glatter Haut, mit dieser anmutigen, aber nicht mehr unschuldigen Energie, und diesem gewissen Etwas, sexy, erwachsen, süß. Natürlich wird da jeder Mann schwach, jeder, der entweder getrennt ist oder nach langen Jahren Ehe in einer Nacht in einem Hotel weit weg von der Familie die Gelegenheit hat, einer solchen Frau nahzukommen. Keine Ahnung, ob das andere Männer oder auch andere Frauen verstehen können. Ich finde, dass dies ein Thema für einen guten Film ist, aber dafür hat es hier nicht gereicht, diese Sache leuchtete nur kurz auf. Ein Film der das thematisiert war „Ewige Jugend“ oder Youth, wie er im original hieß, mit Harvey Keitel und Michael Caine!

Mein Fazit zum Männerfilm Klassentreffen 1.0

Ich möchte mich dem Fazit von Filmstarts.de anschließen: „Klassentreffen 1.0 ist eine Ansammlung von platten Witzen über Sackhaare und Hämorrhoiden, herablassenden Gags über Frauen, Schwule und Fettleibige sowie schlecht getimtem Haudrauf-Slapstick – und schon nächstes Jahr kommt dann der zweite Teil.“ Bestensfalls ist der Film Trash.

Oder diese Kritik hier von Wolfgang M. Schmitt auf Filmanalyse:
Frauen- und schwulenfeindlich: Til Schweigers KLASSENTREFFEN 1.0 – Kritik & Analyse

Gäbe es nicht Milan Peschel, würde ich den Filme komplett verreißen. Aber dieser Schauspielt spielt die Sache großartig, hat mit seiner Wut und Enttäuschung über die Trennung von Frau und Familie die besten Szenen und die besten Sätze im Film zu sagen. Seine Rolle ist die authentische, männlichste und menschlichste. Er ist der verlassene, betrogene Familienvater, der verzweifelt ist, Frau und Familie verloren zu haben – auch wenn wir nicht erfahren, weshalb genau und was seine Rolle dabei war – der dagegen ankämpft, der Gefühle hat, trauert, aufbegehrt, schreit und lebendig ist. Er hat aus meiner Sicht die witzigsten Szenen und Sätze wie: „Was, wenn heute der Tag ist, an dem sich eine schöne Frau in mich verliebt … und ich bin nicht da!?“ In ihm erkenne ich mich wieder. In den anderen nicht.

Mit 50 sind nicht die herausragenden Themen Scheidung, Krampfadern und „Steilgehen“. Klassentreffen 1.0 ist das Remake des dänischen Films „Klassefesten“ und damit nicht mal Schweigers eigene Idee.

Klassefesten Trailer

Ich denke, Til Schweiger ist der Meister der Kopisten. Er greift sich bewährte Elemente, meistens Klischees, heraus und baut sie relativ willkürlich und durchschau in seine Filme ein. Weshalb da so viele Leute drüber lachen können, bleibt mir ein Rätsel. Ja, er hat sein Publikum. Und eigentlich wundert es nicht. Wir sind von so vielen Flachpfeifen umgeben, dass man mit Fug und Recht behaupten kann: Til Schweiger ist ihr König. Til Schweiger ist der Chuck Norris des Plagiariats!Aber ich glaube manchmal, es sind nicht die hellsten Kerzen auf der Torte. Das Männerbild in Klassentreffen 1.0 ist unter dem Strich bitter und traurig. Natürlich wird es gefühl am Ende, da geht es um Liebe und Familie und das alles wieder gut wird. Aber das ist eben eins der Stereotypen, mit denen Schweiger sein Geld verdient. Wer den Film nicht sieht, hat nichts verpasst.

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