Homo-Ehe, Christdemokraten, Queer-Familien und die Vielfalt des Daseins

queer people

Mit gesundem Menschenverstand lässt sich nicht fassen, was Christdemokraten gegen die Gleichstellung der homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe einzuwenden haben. Für diese offenbar ein Dogma, eine Ideologie. Nach dem letzten positiven Urteil des Bunderverfassungsgerichtes zum Adoptionsrecht für Homosexuelle kam es zu einer gesellschaftlichen Debatte darüber. Aber worüber eigentlich? Dass nur Mann und Frau heiraten oder Kinder adoptieren dürfen? Dass es gerecht ist, die Ehe zwischen Mann und Frau finanziell zu begünstigen, andere Lebenspartnerschaften aber nicht? Was soll das Ganze? Geht es ums Grundgesetz, das nicht mit einem Wort Mann und Frau erwähnt in seinem Artikel 6, sondern von Eltern spricht und von Erziehungsberechtigten? Oder vom anderen Ufer aus gefragt: Warum wollen Schwule und Lesben unbedingt heiraten? Was ist daran so attraktiv?

Erhellend zum Thema war die Günther-Jauch-Talkshow am Sonntagabend in der ARD Kinder, Steuer, Ehe – gleiches Recht für Homosexuelle?. Hier konnte man zwei längst ausgestorbene Dinosaurier der Gattung Tyrannus Saurus Sex sehen. Diese hässlichen Viecher haben ja eine Heidenangst vor Homosexuellen Partnerschaften, vor deren Ehen und vor der rechtlichen, sowie steuerlichen Gleichstellung dieser „Lebenspartnerschaften“. Warum das so ist, bleibt im Dunkel des christlichen Mittelalters tief verborgen. Wir wunderten uns über die Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Katherina Reiche (40), die eine geistige Burka trug und über den FAZ-Redakteur Reinhard Müller, der sich durch besonderen Eifer gegen die Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften hervor tat. Ewig gestrig und nicht zu ertragen.

Homoehe Bullshit Bingo

Wie kommt es zu dieser Verbretterung? Zu diesen Truzburgen der Spießbürgergesellschaft? Hat hier das Christentum ganze Arbeit geleistet? Sind diese Haltungen im Auftrag des Herrn unterwegs? Ist die Verwirrung immer noch so stark? Sieht so der Kampf gegen ewige Verdammnis und für einen sauberen Staat mit frommer Gesetzgebung aus? Ich jedenfalls wollte kotzen. Doch die beiden rückständigen Mitbürger fanden sich ziemlich allein auf weiter Flur, obwohl es hieß, die Zuschauermeinugen zu dem Thema wären in etwa 50/50.

Den Satz des Abends brachte Thomas Welter, der mit seinem Lebenspartner zwei Kinder aus den USA adoptiert hat. Er brachte die Sache mit einem einzigen Satz, den Bundespräsident Horst Köhler 2006 sagte, auf den Punkt:

Familie ist da, wo Kinder sind

Feierabend, denn damit ist der Fall eigentlich erledigt.

Doch es sind ja nicht alle Konservative belämmert, nicht alle Christdemokraten hinterwäldlerisch verbrettert und nicht jeder hatte mit 16 ein Helmut-Kohl-Poster an der Wand. Bei Jauch merkte der schwule CDU-Abgeordneten Stefan Kaufmann an, dass noch bis 1973 in Deutschland Homosexualität unter Strafe stand. Liebe stand unter Strafe, man mag sich gar nicht mehr vorstellen, aber in einigen europäischen Ländern ist das heute noch so. Und hier waren es nicht die konservativen Kräfte, die dieses Unrecht auflösten und bekämpft hatten.

Die Keule der Wissenschaft wenn es um Kindeswohl geht

Natürlich holen die Ewig-Gestrigen in diesem Zusammenhang irgendwann die Wissenschaftskeule hervor, um jedes andere Argument damit totzuschlagen. Kinder bräuchten zu ihrer gesunden Entwicklung eben immer Vater und Mutter … und nicht Vater und Vater oder Mutter und Mutter. Sie bleiben allerdings die „psychologischen Studien“ schuldig. Ein „Pschologen sagen“ reicht aus, um eine Auseinandersetzung abzuwürgen. Dabei hat natürlich jedes Kind Mutter und Vater. Aber es wächst, seit es Menschen gibt, nicht jedes Kind bei leiblichen Eltern auf. Und es nimmt dabei trotzdem keinen Schaden. Sagen das auch die Psychologen? Frauen tragen außerdem immer noch im aufgeklärten Deutschland die Hauptlast der Erziehung. Es gibt zwar einen Vater, aber oft nur auf dem Papier. Denn der hat meistens anderes zu tun, als seine Vaterschaft auszufüllen. Es gibt Kulturen, da wachsen die Kinder bei den Großeltern auf, meistens bei einer Oma. Bei den Eltern aufzuwachsen ist in jedem Fall keine Garantie, unbeschadet aus der Sache herauszukommen.

Umgekehrt kann man davon ausgehen, dass bei sogenannten Queer-Familien eine sehr bewußte Entscheidung für Kinder getroffen wurde. Und entsprechend sorgsam und liebevoll geht man dort mit ihnen um. DAS sollte der Maßstab sein. In vielen bunten Familien haben die Kinder viele andere Bezugspersonen und das ist auch wichtig. Onkel, Tanten, Cousinen, Freunde, Nachbarn, Omas und Stiefgeschwister.

Aber davon wollen die verhärmten Hüter einer vermeintlich gottgewollten Welt nichts wissen. Dass sie vernünftigen Argumenten nicht zugänglich sind – daran erkennen wir sie.

Ich selbst kenne eine tolle Queer-Familie. Zwei Männer, zwei Frauen, zwei Kinder. Zwei der Erwachsenen sind die leiblichen Eltern der beiden Mädchen. Ganz reizend, sehr sympathisch und wunderbar. Den Kinder fehlt es an nichts. Im Gegenteil, sie sind in einer großen Gemeinschaft eingebunden, in einer größeren Familie mit vielen Freunden und einem tollen Kindergarten. Sie konnte zwei Mietwohnungen zusammenlegen, das heißt, einen Durchbruch zwischen den Wohnungen machen, so dass es niemanden an irgendetwas mangelt. Es gibt keinen einzigen Grund, diese Familien nicht gleich zu behandeln, wie jede andere Familie auch.

Das Leben ist reich und die Menschen bunt. Diese Vielfalt wollen die Religionen schon seit Jahrunderten zerstören, was ihnen teilweise auch gelungen ist. Wir wollen das nicht und leisten Widerstand. Er wird Zeit, dass wie die Säkularisierung, Toleranz und Menschlichkeit wieder ganz nach vorne Stellen. Und dann ist das Ehegattensplitting hoffentlich bald passé wie die Diskriminierung von Minderheiten und die Gleichstellung ALLER Familien vollzogen. Dafür arbeiten wir.

Schwule Kerle wollen auch heiraten

Warum eigentlich heiraten? Ehe ist spießig und religiös verbrämt?

Das ist tatsächlich die Frage, die mich umtreibt: Warum wollen Schwule und Lesben denn unbedingt heiraten? Dass sie die gleichen Rechte wie alle Bürger haben wollen, verstehe ich ja. Aber heiraten? Ist das nicht irgendwie spießig? Oder geht es um Steuervergünstigung, um die Feier, das Foto, die Tradition, um Romantik? Doch nicht etwa um Romantik? Oder um die Kinder zu „legitimieren“? Sorry, ich begreife das nicht. Wir leben hier in „wilder Ehe“ und das ist auch gut so. Beide legen wir keinen Wert auf eine „Heirat“, diesen Rechtsstatus, die offizielle Legitimation … vor Gott. Wäre ja noch mal schöner. Warum aber wollen Homosexuelle nun so gerne heiraten? Um dazu zu gehören, das machen zu können, was andere „normale“ Menschen auch machen? Um endlich zur Mitte der Gesellschaft zu gehören, anstatt zu einer Minderheit? Dazu hat Tilmann Krause, Literaturredakteur der WELT und selber schwul, auf Dradio Kultur am Mittwoch ein wunderbares Interview.

„Wir dürfen eins nicht vergessen: Wir leben in einer Gesellschaft, in der der Konfirmitätsdruck, der Zwang zur Gleichmacherei immens ist. Und alles was abweichend ist, alles abweichende Verhalten – das beginnt schon mit der Schere im Kopf – wird infrage gestellt und unter Verdacht gestellt, und man will nichts falsch machen … Und diese Züge betreffen natürlich alle Mitglieder der Gesellschaft, egal, wie emanzipiert sie sind. Dazu muss man einfach sagen: Es gibt Gruppen in der Gesellschaft – und dazu zähle ich die Schwulen und Lesben – die vielleicht besondern prädestiniert dafür sind, die Fahne des Andersseins hoch zu halten und sich gegen die Gleichmacherei zur Wehr zu setzen!“

Und das kann ich ebenfalls unterschreiben: „Wer will denn in die Mitte? Das sind doch alles brainwashed Vorstellungen von Lebensgefühl und Lebensglück – das muss man doch nicht alles übernehmen, was uns vor allem eine riesige Maschinerie an Bildmedien ständig vorgaukelt. Da muss man sich doch zur Wehr setzen. Es geht doch darum, Persönlichkeit zu entwickeln. Persönlichkeit und Eigenständigkeit sind das einzige, womit wir den vielfältigen „Konformitätsangeboten“ widerstehen können.“

Das ganze Interview mit Tillmann Krause von DIE WELT auf Dradio Kultur hören Sie hier:
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Die Ehe in dieser Form ist eine christliche Erfindung

Ich selbst bin übrigens aus verschiedenen Gründen als uneheliches Kind geboren. Was für ein Scheiß. Noch bis weit in die 70er-Jahre hinein galt es als Unmöglichkeit, als Schande, Kinder außerhalb einer Ehe groß zu ziehen. Eltern waren gefälligst verheiratet. Sonst bekam man keine Wohnung, Scherereien mit den Amt und abfällige Blicke von den Nachbarn. Als Alleinerziehende war man aussätzig. Es war das Grauen.

Wie es zu solche einer unwürdigen, unmenschlichen Entwicklung kommen konnte, werden Soziologe erklären können. Die Religion spielt hierbei sicherlich eine Hauptrolle, das ist das Tragische. Die Kulturelle Vielfalt überfordert den religiösen und zumeinst konservativen Menschen ganz offensichtlich. Und gleichzeitig besteht überhaupt kein rationaler Grund dafür. Schwule und lesbische Eheleute und Eltern nehmen niemanden etwas weg und gefährden auch nicht das Grundgesetz oder irgendwelche Werte? Welche Werte denn auch?

Wir sind aber insgesamt auf einem guten Weg. Gleichberechtigung und Toleranz, Vielfalt und Menschlichkeit gewinnen immer mehr die Oberhand in unseren Gesellschaften. Selbst in Gottes eigenem Land, den USA, sind sie weiter als hier in Sachen Homoehe. Bis wir hier nachziehen – und das werden wir – haben wir noch einiges aufzuklären und zu lernen.

„Christen, Juden und Muslime sehen den Anfang der Paarbindungen bei Adam und Eva als monogame Ehe.“ Quelle: Wikipedia. Stichwort „Zwangsheterosexualität“. Grüße an Silke Burmester @ Spon.

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