Väter und die Traditionen

Schlagermove Hamburg

Früher war das ganze Leben angefüllt mit Traditionen, die man zu erfüllen hat. In den Städten wurden zwar die gestrengen Sitten aufgeweicht, aber auch dort war „soziale Kontrolle“ lange ein Thema. Heute ist das nicht mehr so. Heute, so scheint es, gibt es die guten alten Traditionen nur noch auf dem Land, wo alles langsamer und angeblich auch rückständiger zugeht. Oder man bewundert sie im Urlaub in anderen Ländern. Und man selbst? Tja, ich bin relativ losgelöst von all den Zwängen der Tradition. Ich habe weder vor dem Rathaus gekehrt, weil ich mit 30 noch nicht verheiratet war, noch sieht man mich im Kostüm am Vatertag (wobei ich dazu sagen muss, dass ich im Netz bei Kostüme.com auf einige witzige Verkleidungen gestoßen bin).

Wie haltet ihr das? Welche Traditionen haltet ihr noch hoch? Und wer zieht am Vatertag noch mit dem Bollerwagen rum? Ich bin zwar noch konfirmiert, aber das war innen leer. Unsere Tochter ist auch nicht getauft und es gibt außer Weihnachten mit Familie und Kindergeburtstag kaum eine Tradition, die wir vererbt haben. Vielleicht fehlt uns da was.

Ich meine, es gibt auch Festivitäten bei denen man gar nicht merkt, dass man in ihnen tief verwurzelt ist. Der Hamburger Hafengeburtstag ist so etwas. Als Jugendlicher und junger Erwachsener habe ich diesen Wahnsinn gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Aber mit Kind, mit Familie sieht die Sache ganz anders aus. Da setze ich mir einen Matrosenhut auf und ab zum Hafen. Den Kindern und den Familien wird ja einiges geboten.

Die Traditionen haben nur noch Event-Charakter

Alles ist irgendwie zum Event geworden. Die guten alten Gebräuche, meist christlicher Natur, sind fast alle abhanden gekommen. Nur noch die Eckpfeiler, wie das schon erwähnte Weihnachten oder auch das Osterfeuer haben überlebt. Andere Traditionen wurden durch die Globalisierung übernommen, wie etwa Halloween. In Hamburg wurden viele Traditionen durch Events ersetzt. Jetzt ist Schlagermove Kult und vielleicht gar Tradition oder der CSD, der Christopher Street Day. Alles Gelegenheiten, sich zu verkleiden und zu feiern.

Mein Mäuschen trägt gern Kleider und Röcke. Einer ihrer Lieblingsröcke stammt von den Kanaren. Er gehört zu einer Tracht, die auf den kanarischen Inseln beispielsweise zum Ernte- oder Landwirtschaftsfest getragen wird. Ich weiß nicht genau, wie das heißt. Aber ich beneide diese Spanier um ihre Traditionen. Sie wachsen damit auf und alles ist ganz selbst verständlich. Wir haben das durch die Kriege und die industrielle Revolution, unseren riesigen, modernen Städten verloren.
Vielleicht müssen wir uns deswegen verkleiden, uns hinter Masken verstecken, um uns noch ein Kleinwenig von den ursprünglichen inneren Reichtümern, die einem Halt und Identität gaben, zu bewahren. In diesem Sinne kann ich als Vater auf keine gute Tradition zurückgreifen.

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